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Yakuza 3

Yakuza 3

Kazuma Kiryu ist nach Okinawa gezogen und dort nun Chef eines Waisenhauses. Er will seine Mafia-Vergangenheit endgültig begraben. Wir haben den Yakuza bei seinem Versuch begleitet.

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Die kriminell schlecht übersetzte Yakuza-Serie bekommt mit dem dritten Teil hoffentlich ein bisschen Extra-Leben hier im Westen spendiert. Das Franchise-Debüt im Jahr 2005 auf der Playstation 2 war ein riesiger Erfolg für Sega in Japan. In Europa waren die Verkäufe aber nur mau, trotz guter Kritiken. Die vielen, teils seltsamen japanischen Elementen gepaart mit dem starken Fokus auf die dramatische Geschichte haben vermutlich eine Menge Spieler verscheucht.

Hoffentlich geben mehr Spieler dem dritten Teil der Serie und dem ersten auf der Playstation 3 seine verdiente Chance. Auch hier spielt der Gangster Kazuma die Hauptrolle, der aber mittlerweile das Mafialeben satt hat. Er hat den Tokioter Yakuza-Intrigen den Rücken zugekehrt und sich mit seiner Adoptiv-Tochter nach Okinawa abgesetzt, Japans Antwort auf die Kanarischen Inseln. Hier hat er ein Waisenhaus eröffnet und lebt ein neues, besseres Leben als gesetzestreuer Bürger. Doch politische Intrigen auf der Urlaubsinsel führen bald zu Konflikten mit den lokalen Großgrundbesitzern und der Mafia. Kazuma muss wieder die Fäuste sprechen lassen, auf der Suche nach Gerechtigkeit.

Da die Geschichte nun auf Okinawa spielt und damit komplett neu gestartet ist, ist es für neue Spieler einfach, erst jetzt in die Serie einzusteigen. Sie brauchen nicht die beiden ersten Teile gespielt zu haben, um Yakuza 3 zu verstehen. Wer dennoch Hintergrundinformationen sucht, kann auf einem Friedhof in ein paar sehr lange Filme mit allen Zwischensequenzen aus den Vorgängern am Stück anschauen.

Yakuza 3
Kazuma Kiryu (re.) wollte eigentlich das Gangsterleben aufgeben. Aber auch auf Okinawa lernt er schnell, dass es ohne Selbstjustiz mit Fäusten nicht geht.
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Viele Fans halten die Yakuza-Reihe für den spirituellen Nachfolger von Shenmue - ein Vergleich, der an vielen Stellen stimmt. Als Kazuma verbringen wir viel Zeit mit Flanieren und Erkundungen in den riesigen Innenstädten. Die Optik ist hierbei mehr als beeindruckend. Das Stadtbild wirkt hyperrealistisch, bis hin zu den Stromkabeln, Werbeschildern, Schaufenstern der Läden oder der Menschenmenge, wo kaum ein Fußgänger dem anderen gleicht. Wer sich die echte Reise nach Japan nicht leisten kann, das hier ist so nah dran, wie es in einem Spiel nur geht. Es macht einfach einen Riesenspaß, herumzulaufen und sich all den kleinen Details zu widmen, die das Yakuza-Universum so liebenswert machen.

Leider ist die Optik der Passanten lange nicht so gut sind wie die der Umgebung. Wo Games wie Heavy Rain oder Assassin's Creed 2 erstaunliches bei der Simulation der körperlichen Empfindung leisten, sich durch eine große Menschenmenge zu bewegen, hat Sega die Physik einfach komplett ausgeklammert. Es gibt einige unfreiwillig lächerliche Momente, in denen Kazuma durch die Menge rennt und die Passanten umfallen wie Bowling-Pins. Wenn Sega hier mehr Zeit verwendet hätte, wäre das Eintauchen in Yakuza 3 ein deutlich vollständigere Erlebnis gewesen.

Der eigene Forscherdrang wird immer wieder von Kämpfen unterbrochen. Ich hoffe, dass das Spiel kein präzises Bild der Kriminalität in Japan zeichnet, denn Kazuma trifft quasi an jeder Straßenecke auf Störenfriede. Die meisten von ihnen sind aktiv auf der Suche nach Ärger, und Kazuma ist schnell bei der Sache, ihnen genau diesen Wunsch zu erfüllen.

Yakuza 3
Die gefühlt an jeder Straßenecke wartenden Schlägereien im Tekken-Stil sind blutig und brutal.
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Das Kampfsystem ist das Rückgrat der Yakuza-Reihe, und auch der dritte Teil baut auf solide Mechanik der vorherigen Spiele. Wie üblich, kämpfen wir allein gegen mehrere Gegner. Das Ganze spielt sich ein bisschen wie Tekken. Okay, es sind nicht annähernd so spektakuläre Bewegungen wie im Namco-Prügler, aber dafür punktet Yakuza 3 mit mehr Brutalität und fühlt sich viel rauer an als alles andere aus dem Kampfspiel-Genre. Besonders die üblen Spezialangriffe sehen ungeheuer schmerzhaft aus. Überall ist Blut und Schmerzensschreie schallen schrill aus den Boxen. Meiner Freundin ist das zu heftig, aber irgendwie kippt Yakuza 3 trotzdem nie über den schmalen Grat und wird zu geschmacklos. Es geht ja schließlich um Yakuza hier, um rücksichtslose Gangster ohne Skrupel. Und deren brutale Gewalt hat eben eine gewisse ästhetische Qualität.

Nach jedem Kampf gibt's Erfahrungspunkte, die verwendet werden, um neue Fähigkeiten und Special Moves zu kaufen. Das System fühlt sich ausgewogen und gut gemacht an und ist abwechslungsreich genug, um einen bei Laune zu halten. Man freut sich auf jeden neuen Kampf, eine recht eindrucksvolle Leistung von Sega.

Yakuza 3 dreht sich aber nicht nur ums Forschen und Kämpfen. Das Spiel ist eine große Ansammlung von Minispielen, darunter Golf, Dart, Poker und Angeln. Die meisten Minispiele haben eine überraschend hohe Qualität, sie pausieren quasi die Hauptgeschichte. Außerdem macht es Spaß zu sehen, wie einige von ihnen tatsächlich im Laufe der Zeit zu einem integralen Bestandteil der Geschichte werden, was dem Spiel noch mehr Vielfalt verleiht.

Yakuza 3
Minispiele wie Bowling gehören zum Alltag in Yakuza 3. Aber auch Angeln, Pokern oder Dart sind möglich.

Apropos Geschichte. Krimiautor Seishu Hase, der die ersten zwei Teile schrieb, ist nicht mehr in das Projekt eingebunden. Trotzdem hält die Story das hohe Niveau der Vorgänger. Sie lebt von einer soliden, politischen Intrige und den zahlreichen, intensiv erzählten Charakteren. Die Entwickler haben viel Zeit damit verbracht, diese so zu entwerfen, dass alles so realistisch und glaubwürdig wie nur eben möglich wirkt.

Yakuza 3 ist das erste Spiel der Reihe auf der Playstation 3 und der Next-Gen-Faktor ist vor allem bei der Optik sichtbar. Abseits davon hat der Titel ein paar Probleme, die auch die ersten beiden Teile schon plagten. Genau das ist in erster Linie dafür verantwortlich, dass es keine 9/10 geworden ist. Sehr lästig ist zum Beispiel, dass ein Großteil der Dialoge über Textfelder abgewickelt wird. Es fühlt sich an wie ein seltsamer Trip in die Vergangenheit und steht im krassen Gegensatz zu den vielstimmigen und dramatischen Gesprächen im Spiel. Aber auch andere Bereiche fühle sich old fashioned an. Die Animationen sind nicht mehr ganz vorne und die Steuerung der Kamera ist schwierig, vor allem in Innenräumen.

Trotz der Kritikpunkte: Yakuza 3 ist ein tolles japanisches Drama mit starken Rollenspiel- und Kampfspielelementen und einem hohen Realismusanspruch. Sozusagen eine seelige Mischung aus Rollen-, Action- und Abenteuer-Spiel und sozialer Seifenoper. Es hat Tiefe, Charme, viele denkwürdige Ereignisse und echte Charaktere. Gebt ihm eine Chance, das Spiel hat es verdient.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Interessante Story, tolle Charaktere, großartige Atmosphäre, fettes Kampf-System
-
Ein bisschen altbacken alles, Story ist bisweilen sehr schwermütig und hart
overall score
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