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Tomb Raider

"Tomb Raider ist voller Emotionen"

Das neue Tomb Raider wird derzeit beim alten Studio Chrystal Dynamics entwickelt und sieht blendend aus. Grund genug, sich mit Global Brand Director Karl Stewart zu treffen, damit er uns ein paar Geheimnisse über die neue Lara Croft verrät. Das hat der Mann auch gemacht und dazu über den neuen Look von Lara, die Bedeutung ihrer Stimme und ihre Beziehung zu James Bond gesprochen.

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Global Brand Director Karl Stewart.

Karl Stewart, die neue Lara Croft sieht wirklich frisch aus...
Wir haben schon eine ganze Weile daran gearbeitet und versucht sicherzustellen, dass wir es richtig machen. Denn wenn man ein Franchise neu erfinden will, eine völlig neue Story macht, dann muss das Fundament stimmen. Man braucht einen Charakter, zu dem die Menschen eine Beziehung aufbauen. Das muss jemand sein, auf den man sich beziehen kann, dessen Gefühle man aktiv miterlebt. Jede einzelne Situation im Spiel soll dieses Gefühl und diese Erfahrung vermitteln. Wir wollen es auf den Punkt bringen, dass ein Spieler sagt: Whoa, holy shit, das habe ich noch nie zuvor so empfunden.

Ich kann mich an das erste Mal erinnern, dass wir etwas Klaustrophobisches geplant haben und alle sagten: Nun, packen wir sie in einen Tunnel. Und ich sagte: nein, nein, nein nein - denn wir müssen es schaffen, diese komplexe Erfahrung in jedem anderen Raum zu erzeugen. Das war für uns der Schlüssel, um sagen zu können: So, jetzt werden wir die Kamerafahrt aufbrechen und nahtlos in eine Zwischensequenz übergehen und dem Spieler dieses höllische Gefühl geben.

Sind Kinofilme eine große Inspirationsquelle gewesen? Die komplette Introsequenz erinnert ziemlich an The Descent...
Wir haben uns gefragt, wie wir das mit dem Emotionen für Tomb Raider am besten hinkriegen. Filme machen genau das sehr flüssig. Sie filmen eine Szene und entscheiden dann, ob diese ihren Zweck erfüllt oder nicht. In sämtlichen Bereichen haben wir zur Inspiration auf alle möglichen Quellen zurückgegriffen. The Descent war tatsächlich eine große Inspiration für uns. Aber es gibt tatsächlich noch zwei andere Quellen, die noch niemand enttarnt hat, das ist genial.

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Es gibt eine Affinität zu dem Charakter Lara. Natürlich werden die Leute sagen, dass man mit dem nicht brechen sollte.

Es gibt andere Dinge im Spiel, die dieses unterbewusste Gefühl hinterlassen, man hätte das schon einmal gesehen oder gefühlt. Nur mit dem Unterschied, dass man sich genau das jetzt mit einem Charakter selbst erspielt, dessen Innenleben man gerade erst zu verstehen beginnt. Es ist aber jemand, den man eigentlich schon eine lange Zeit kennt. So kommen die Anregungen aus vielen Richtungen. Fernsehserien sind großartig, weil die über einen längeren Zeitraum laufen, es gibt noch mehr Geschichte und Tiefe, eine Art Evolution verschiedener Elemente.

Wer die Synchronsprecherin von Lara ist, dürfen wir noch nicht erfahren, aber ihre Arbeit macht einen sehr guten Eindruck. Sollte es bewusst jemand sein, der Laras Entwicklung vom Mädchen hin zur selbstbewussten Abenteurerin transportiert?
Wenn wir die Höhlen-Szene am Anfang nehmen und ihre Interaktion mit Roth in den Filmsequenzen anschauen, dann wird klar, dass viel der Erfahrung und des Gefühls nur dadurch transportiert wird, Lara zuzuhören. Wir werden ihr auch öfter bei Selbstgesprächen zuhören, denn sie ist von Gefühlen der Einsamkeit, des Verlusts und der Angst getrieben und sie wird die Person, die sie sein will.

Wir wollten unbedingt eine unbekannte Schauspielerin finden. Jemanden, der spielen kann und eine wirklich starke Zukunft vor sich hat. Jemanden, der die Performance versteht und nicht nur auf einem Level von Anfang bis Ende spricht. Das Spiel ist klar in Abschnitte aufgeteilt, und der erste Abschnitt zeigt ein Mädchen, das allein und ängstlich unterwegs ist und versucht, sich selbst zu finden. Wenn Lara stärker wird, verändert sich auch ihre ganze Sprache. Die Schauspielerin ist ein sehr wichtiger Faktor für das Spiel, weil man sie mehr als in jedem anderen Spiel in der Vergangenheit hören wird. Und sie wird mit den Spielern in einer Weise interagieren, die sie so nie gesehen haben. Genau hier kommt ein Teil der echten Emotionen und der Persönlichkeit heraus.

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Alle Untersuchungen führen zu einer Erkenntnis: kulturell relevant zu sein.

Wie betrachten wohl die Hardcore-Fans von Lara ihr neues Spiel?
Wir waren vom ersten Tag an sehr vorsichtig. Als wir das neue Konzept mit dem Rest der alten Geschichte und der neuen zusammen hatten, haben wir einige Sachen gemacht um sicherzustellen, dass wir alles richtig machen. Eine davon war, mit der Community in Kontakt zu treten und dort Vision und Geschichte zu verkünden. Genau diese Hardcore-Fans sollten uns sagen, was sie über unsere Vision denken. Es gibt eine Affinität zu dem Charakter Lara. Natürlich werden die Leute sagen, dass man mit dem nicht brechen sollte. Aber es gibt auch das Gefühl in die Jahre zu kommen, wenn man nicht genau solche großen Veränderungen und Entscheidungen wagt. Wir sind sehr zufrieden mit dem Feedback der Fans und kamen zu dem Punkt: Wir müssen etwas Neues auf den Weg bringen, um eine Geschichte zu erzählen, die man nie zuvor gesehen oder gehört hat.

Fühlt es sich tatsächlich wie das erste Tomb Raider für Crystal Dynamics an - und frühere Spiele sind eher nur noch eine Referenz oder gar die Vision von jemand anderem?
Das ist sicherlich immer noch unsere Vision. Als Darrell Gallagher, der jetzige Leiter des Studios und Art Director der letzten drei Spiele, seinen Posten übernahm, war es trotzdem wichtig zu sagen: Crystal Dynamics wird nicht wieder die gleiche Art von Spielen machen.

Wir haben einige sehr kreative Leute im Studio, Menschen die leidenschaftlich sind und Tomb Raider dorthin zurückbringen wollen, wo es einmal war. Wir wollen etwas Frisches und Neues machen. Die ersten sechs Monate des Hin und Her mit der Geschichte und der Vision waren hart. Man fordert sich ständig heraus und fragt sich, ob dies der richtige Weg ist. Aber irgendwann erkennt man: nur Mut hilft. Im Laufe der Zeit haben wir dann gemerkt, dass es wirklich das ist, das neue Tomb Raider. Das ist Lara Croft.

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Uns geht es darum, den Charakter zu entwickeln, es geht um die psychologischen Aspekte und die Emotionen.

Wenn wir bei Vergleichen mit anderen Spielen sind, dann darf Uncharted [Karl rollt mit den Augen und nickt] natürlich nicht fehlen. Interessanter finde ich aber den Vergleich mit Bourne und Bond - es wird nicht einfach etwas kopiert, sondern die Serie neu belebt.
Das ist ein großartiger Vergleich [lacht]. Das höre ich das erste Mal, aber ich werde es mir merken und selber verwenden. Bond gibt es schon ziemlich lange und es brauchte einfach eine Neuausrichtung. Bourne kam und hat dem Agenten die Show gestohlen - auch wenn nach drei Teilen Schluss war. Wir haben unsere eigenen Untersuchungen angestellt und dafür auch verschiedene Serien herangezogen. Vor allem aber haben wir erfasst, was Teil der Herkunft ist, was natürlicherweise dazu gehört und wovon wir nicht ablassen können. Aber genau damit müssen wir brechen, damit es sich frisch anfühlt. James Bond ist ein Charakter, den wir uns genauer angeschaut haben und wenn wir den Agenten über die Zeit, dann führt alles zu einer Erkenntnis: kulturell relevant zu sein.

Bond bietet eine weite Spanne von Eindrücken und Erfahrungen und es gab verschiedene Schauspieler, die den Charakter geprägt haben. Fangen wir bei Roger Moore an, der zu dieser Zeit einfach richtig war. Für die Leute war es ihr Charakter. Er war ein Frauenheld. Er hatte die Lizenz zum Töten. Es war damals etwas sehr Solides. Aber gehen wir weiter und landen bei Timothy Dalton und Pierce Brosnan - sie versuchten einfach an der Lizenz zum Töten festzuhalten. Und da tauchten sie auf, die ersten Kommentare, die sagten: Ey, selbst mein Opa hat inzwischen diese Lizenz. Die Relevanz war einfach nicht mehr da. Aber Bond war immer noch der Frauenheld und er jagte immer noch die bösen Jungs. Und da trat Bourne auf die Bühne. Ein harter Kerl mit einer düsteren Vergangenheit - es ging darum einfach eine Geschichte zu erzählen. Tja, und dann kam dieser James Bond.

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Es gibt andere Dinge im Spiel, die dieses unterbewusste Gefühl hinterlassen, man hätte das schon einmal gesehen oder gefühlt.

Der Aston Martin wurde abgeschrieben, er gibt einen Dreck darauf, was er trinkt und ist ein Frauenheld, aber einer mit Herz. Denn als sie stirbt, zerbricht er und will Rache. Und natürlich gibt es das trotzdem noch, dass er im Flugzeug an einer Bar sitzt und er seinen Drink hat und wir dann meinen, das genau ist ein Bond. Er handelt so, dass es sich weiterhin wie James Bond anfühlt. Sie haben nicht verloren, was ihn ausmacht. Ich denke Batman und Bond ist es gelungen. Superman und Hulk waren nicht so erfolgreich, aber der Vergleich von Bourne zu Bond und auch Uncharted zu uns ist ganz ähnlich. Die Erfahrung ist einzigartig, sehr breit, mit ordentlich Dampf. Uns geht es darum, den Charakter zu entwickeln, es geht um die psychologischen Aspekte und die Emotionen, die damit einhergehen. Es sind zwei grundverschiedene Dinge, die sich aber hervorragend ergänzen. Ich habe mir beides angeschaut und es spricht nichts dagegen, jetzt erst Uncharted zu spielen und dann Tomb Raider.

Die Insel in Tomb Raider umgibt etwas Geheimnisvolles. Ist da eine Verbindung zur Mystik? Wird es wieder ein Artefakt geben, eine Art Schatz oder ein geheimes Dokument mit wichtigen Informationen, welches maßgeblich die Handlung vorantreibt?
So ein Element gibt es immer, etwas, das uns vorwärts bringt. Was wir versuchen und auch am Anfang des Spiels machen, ist, dass wir dieses Geheimnis umreißen. Lara trifft auf den Sturm und wacht dann an einem seltsamen, ungewöhnlichen Ort auf. Sie steht auf und verlässt die Höhle und geht auf ein Kliff, wo sie plötzlich eine spanische Armada neben einem Wikingerschiff und einem Zerstörer aus dem Zweiten Weltkrieg sieht.

Für uns ist das ungewöhnlich, weil wir versucht haben, Orte und Plätze zu finden. Das war direkt, nachdem wir entschieden haben, dass wir ganze Palette von Emotionen zeigen wollen, um einen Beziehung zur Heldin aufzubauen. In der Vergangenheit ist Lara von Ort zu Ort gezogen. Sie war auf der ganzen Welt und hat mir vielen Leuten interagiert. Wir haben schnell gemerkt, dass uns dadurch die Basis für Emotionen fehlt. Zunächst muss sie dafür mehr oder weniger lediglich mit sich selbst interagieren. Auf diese Weise kamen wir auf die Idee, das Ganze auf einen Schauplatz zu begrenzen. Wir brauchten eine weiße Leinwand.

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Wir wollen sicher gehen, dass unsere Vision aufgeht und das auch auf die richtige Art und Weise.

Alles spielt an der Südostküste von Japan, an einem Ort aus der Fiktion, der einigen als Drachen-Dreieck bekannt sein sollte. Es ist das Gegenstück zum Bermuda-Dreieck, das es uns erlaubte zu sagen: Das ist die Insel und all diese Dinge sind passiert. Es erlaubte uns eine ganze Reihe von Dingen zu entdecken, die vorher noch nie möglich waren.

Das alles ist der Anfang von Lara Croft. Aber es gibt den Punkt, an dem die Geschichte abschließt und sie das Selbstvertrauen und die Begeisterung ihrer Vorgängerin erlangt. Oder gibt es Pläne, um die Handlung und ihre neue Größe über dieses Spiel hinaus zu erzählen?
Wir werden nie eines der früheren Spiele kreuzen. Dieser neue Hintergrund ist die Grundlage, um sie weiterzuentwickeln. Die kurzen Hose und engen Tops wird sie nie wieder tragen. Hinsichtlich ihrer Persönlichkeit wird sie immer menschlich bleiben. Sie wird sich selbst herausfordern und sich hinterfragen, wenn sie anfängt sich selbstsicherer zu fühlen. Aber sie wird sicherlich nie wieder die Karikatur der Person werden, die sie einst war.

Das war Teil der Grundlage, warum wir uns anfangs entschlossen haben, diese neue Richtung einzuschlagen. Wir wollten weg von dem, was sie geworden war. Das passte in gewisser Weise nicht mehr zusammen. Sie war erfolgreich, aber man hatte nie das Gefühl, dass es Tiefe gab. Das ist der Punkt, an dem wir die Erfahrungen von Film und Fernsehen spüren. Wo wir in einem Film von neunzig Minuten lachen und weinen können, bewegen wir uns in einem Spiel von zehn Stunden buchstäblich durch diese Emotionen. Wir wollen, dass Leute etwas haben, an dem sie sich festhalten können.

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Düster und erwachsen, so kommt die neue Lara streckenweise rüber und das spiegelt sich auch in ihren Selbstgesprächen wider.

Es ist ein Schritt zurück, das Spiel zu spielen und zu sehen, was passiert und es dabei zu fühlen. Ich wollte genau das machen und es durchleben, aber mit der alten Lara hat das nicht funktioniert. Es gab einfach keine Übereinstimmungen.

Wir rechnen damit, dass die Antwort "Kein Kommentar" ist, aber wird es einen Nachfolger zu Lara Croft and the Guardian of Light geben oder zumindest eine Fortsetzung des eingeschlagenen, digitalen Pfads?
Dazu kann ich etwas sagen. Wir haben bereits recht früh eine Entscheidung getroffen, ob die Lara Croft- und die Tomb Raider-Serie nebeneinander in verschiedenen Welten existieren können. Guardian of Light für uns ein großer Erfolg und wir sind damit sehr zufrieden - neue Ansätze, sehr kreativ. Aber derzeit liegt unserer Fokus auf Tomb Raider. Wir wollen sicher gehen, dass unsere Vision aufgeht und das auch auf die richtige Art und Weise. Und damit das gelingt, brauchen wir klare Kommunikation.

Wenn das gelingt, steht uns nichts im Weg, dann einmal auszubrechen und den anderen Pfad weiter zu erkunden. Tomb Raider ist die neue große Erfahrung für die Zukunft. Die alte Lara Croft könnte der Ansatz für verschiedene andere Medien sein. In unseren Untersuchungen haben wir auch gesehen, dass Batman als Film, Comic, Fernsehserie oder was auch immer existieren kann. Wir glauben, dass Tomb Raider und die eingelagerte Lara als Marke genau so etwas in Zukunft auch sein könnten. Jetzt aber brauchen wir erst einmal eine Grundlage.

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