Die Geschichte von The Shapeshifting Detective ist einzigartig: Transdimensionale Wesen, Außerirdische, Geister, Mord, Tarotkarten-Leser und der namengeben Formwandler reißen bereits an, was wir in diesem Titel alles gesehen haben. Der Pitch mag vielleicht nicht wie von dieser Welt klingen, allerdings ist die Geschichte vom Mord an der talentierten Musikerin Dorata Shaw in der kleinen Stadt August trotz all dieser esoterischen Elemente immer noch sehr geerdet und intim - hauptsächlich dank einer brillanten Besetzung von Schauspielern, die diesem Full-Motion-Movie (kurz FMV) ihre Talente leihen.
D'Avekki Studios, die zuvor ein ähnlich strukturiertes Spiel - The Infectious Madness of Dr. Dekker - entwickelt haben, beweisen mit diesem Titel einmal mehr, dass das FMV-Genre noch lange nicht tot ist. Mit dieser Art fokussierter, narrativer Erfahrung, bei der wir den Schauspielern aus der Ich-Perspektive zuschauen, ist eine äußerst effektive Technik. Wir befinden uns in der Rolle von Sam, aber wir sind natürlich nicht wirklich Sam. Eigentlich sind wir ein Gestaltenwandler und Sam ist nur die Form, die wir vorerst angenommen haben, um einen Mord in einer Kleinstadt namens August zu untersuchen. Eine dreiköpfige Gruppe von Tarotkarten-Lesern, die in einem Bed&Breakfast-Restaurant leben, sah den Mord an der jungen Frau Dorata Shaw voraus und nachdem sich ihre Prognose bewahrheitet hat, sind sie plötzlich die Hauptverdächtigen.
Während wir die genaueren Umstände untersuchen und verschiedene Personen befragen, darunter die komische Dame, der die Pension gehört, Doratas Freund oder dem Polizeichef, können wir die Gestalt eines anderen Gastes annehmen, um Einblicke der anderen Verdächtigen über das Geschehen zu erhalten. Dank dieser Mechanik gibt es deutlich mehr Interaktivität und Bonusinhalte (bis hin zu potenziellen Liebesinteressen), als man normalerweise von einem FMV-Titel erwartet. Neben dem Mordrätsel gibt es eine Art Meta-Rätsel, das sich um unsere Figur des Gestaltenwandlers dreht. Die Lösung auf diese Frage werdet ihr wahrscheinlich nicht in einem einzigen Spiel zusammen bekommen.
Ein Spieldurchlauf dauert ungefähr drei Stunden, nachfolgende Durchgänge sind allerdings kürzer. The Shapeshifting Detective wurde mit Fokus auf Wiederspielbarkeit konzipiert, nicht nur weil dafür etwas über 1600 Videoclips für das Spiel aufgenommen wurden (die wir in einem Playthrough natürlich nicht mal ansatzweise zu Gesicht bekommen). Bei jedem Spielstart gibt es verschiedene potenzielle Killer und unsere Entscheidungen im Verlauf der Geschichte können zu weiteren Opfern führen. Das ist eine interessante Mechanik, da sie uns wählen lässt, ob wir uns noch tiefer in bestimmte Themen hineinarbeiten oder ein Thema als „erledigt" betrachten möchten. Ist es besser, den Killer möglicherweise nicht zu verärgern, oder sollten wir alles versuchen, um so viele Hinweise wie möglich zu erhalten? Auf Grundlage all dieser Erkenntnisse müssen wir übrigens auch Personen verteidigen oder beschuldigen. Hauptsächlich bleiben wir jedoch in der Rolle des Fragenstellers.
Der Polizeipräsident wird uns auf dem Laufenden halten, wie der Fall voranschreitet, und er gibt uns Hinweise zu neuen Gesprächspartnern oder zu Abläufen, die wir noch genauer klären müssen. Trotzdem ist leider nicht immer klar, was wir als Nächstes tun müssen, um Fortschritte zu erzielen. Während des Spiels werden sieben oder acht Formen verfügbar und genauso viele Personen gibt es, die theoretisch alle auf unsere Fragen antworten müssen. Schnell wird The Shapeshifting Detective zu einem Prozess der Eliminierung, denn mit jeder weiteren Antwort fliegen Möglichkeiten aus unserem Fragentopf. Bei diesem Vorgang könnte das Spiel aber von Zeit zu Zeit etwas klarer sein, um den Spielern entgegenzukommen.
Eingangs sprach ich über die Besetzung, denn sie ist der Schlüssel zu allem. Aislinn De'ath, die eine sehr denkwürdige Marianne in The Infectious Madness of Dr. Dekker spielte, ist als seltsame Besitzerin des Restaurants zurück und leistet wieder einmal einen großartigen Job. Glücklicherweise sie ist weit davon entfernt, die einzige wunderbare Rolle in dieser FMV-Produktion zu sein. Unsere Favoriten waren Nicholas Pople als Tarot-Leser Rayne und Leah Cunard als Radiomoderatorin Ellis Munro. Apropos Radiostars: Die brillanten Talk-Shows von Poe und Munro bieten dem Spiel einige fantastische Momente, auch wenn sie hauptsächlich Füllmaterial bei der Fahrt in einem Taxi oder bei der Ankunft im Bed&Breakfast sind. Wenn der beliebte Podcast Welcome to Night Vale übertragen wird, sorgt das nicht nur Unterhaltung, sondern gleichzeitig für eine zusätzliche Erzählebene.
Angesichts des niedrigen Preises würden wir sagen, dass ihr mit The Shapeshifting Detective einen guten Mehrwert bekommt. Auch weil man das Game anstatt eines Filmes gut an einem Abend mit ein paar Freunden durchspielen könnte. Der Titel ist variabel genug, um ihn mehrmals zu wiederholen und die verschiedenen Pfade der Erzählung laden regelrecht zum Erkunden unterschiedlicher Möglichkeiten ein. In gewisser Weise handelt ist The Shapeshifting Detective eine moderne, interaktive Version eines Krimis, den wir dank seiner spannenden Twists und unserer tollen Zeit in August von Anfang bis Ende sehr genossen haben.