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Rift

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Die Welt von Telara wird angegriffen. Nur wir und Hunderte unser Freunde können die totale Zerstörung verhindern als Kämpfer im MMO Rift. Das Trion-Game schafft es tatsächlich, das Genre zu rocken - alleine der reibungslose Start ist schon ein Grund.

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Das Rezensieren eines MMO ist immer eine heikle Angelegenheit. Im Interesse einer vollständigen Offenlegung: Unsere Kritik basiert auf Beta-Gameplay und zudem haben wir einen Guardian-Mage auf Level 25 im fertigen Game hochgespielt.

Wie üblich, wenn ein neues Spiel veröffentlicht wird, rödelt einem die PR-Maschine des Entwicklers vor, wie revolutionär es ist. Das macht Trion bei Rift nicht anders. Es wird das Genre verändern, mit dynamischen Inhalten und ganz anders als alle anderen ist es auch. Natürlich. Typisches Hype-Zeug, kennt man ja. Um es gleich klar zu sagen: Revolutionär ist Rift nicht. Wer MMOs spielt und die großen Namen wie World of Warcraft oder Der Herr der Ringe Online kennt, der weiß, was ihn zu erwarten hat.

Das heißt allerdings nicht, dass Rift nicht viel zu bieten hätte oder gar eine Kopie wäre. Wie die meisten anderen MMOs bringt auch Rift seine Neuerungen mit. Die Basis allerdings ist altbekannt: 50 Levelstufen, Loot, Töte-zehn-Ratten-Quests, Klassen, Raids, Dungeons, Erfahrungspunkte - alle Genre-Standards sind da. Wer ein Spiel sucht, das radikal anders ist als World of Warcraft, der wird möglicherweise enttäuscht sein. Rift ist eher traditionell und Trion haben offenbar nicht vorgehabt, das Stammpublikum zu vergraulen.

Es ist trotzdem eine beeindruckende Arbeit. Während MMOs allgemein während der ersten Wochen oder Monate (oder sogar Jahre) damit kämpfen müssen, stabil zu laufen, hat Rift nichts weniger als ein Wunder geschafft. Es gab zwar ein paar Server-Neustarts, aber es waren wenige. Und während meiner vielen Stunden mit dem Spiel habe ich noch keine gravierenden Fehler entdeckt, mit Ausnahme eines lustigen Sound-Bugs, wenn ich auslogge und sich die Musik für ein paar Sekunden in eine Fantasy-Version von Atari Teenage Riot verwandelt. Die Server und der Client laufen unglaublich stabil. Das Spiel verträgt problemlos gleichzeitig 60 Spieler auf dem Bildschirm, ohne dass es jemanden oder sich selbst ausbremst. Die größten Probleme waren bisher Warteschlangen auf den beliebteren Servern, vermutlich ein willkommenes Problem.

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Ein MMO-Wunder zum Launch: Die Server und der Client laufen unglaublich stabil.

Bemerkenswert ist, dass Rift die Illusion einer dynamischen Welt erschafft. MMOs sind traditionell eher eine statische Angelegenheit, wo die gleichen Monster die gleichen Gebiet jahrelang durchstreifen und nur darauf warten, dass jemand vorbeikommt und sie schlachtet. Ein paar Minuten später leben sie wieder und warten auf den nächsten Kandidaten. Das ist natürlich auch in Rift so. Aber dessen Spielwelt Telara wird vom bösen Regulos belagert, der gerne mal spontan seine Günstlinge in den Kampf schickt, durch Risse in der Welt. Diese Risse, die Rifts, geben dem Spiel seinen Namen.

So ein Riss kann sich fast immer überall auftun - und er "zwingt" die Spieler, die herausströmenden Monster gemeinsam zu besiegen. Die Gegner können schwach und wenige sein, so dass eine kleine Gruppe keine Probleme bekommt. Oder das genaue Gegenteil ist der Fall. Manchmal scheint die ganze Welt den Verstand zu verlieren. Überall öffnen sich Risse und das gesamte Areal wird von Regulos angegriffen. Das ist dann eine gefährliche Zeit für einen ruhigen Spaziergang. Man ist wirklich nirgendwo sicher, wenn der Wahnsinn losbricht.

Glücklicherweise nutzt Rift eine intuitive Gruppierungsmechanik. Solange man anderen Spielern begegnet, ist das Zusammenrotten mit einem Klick erledigt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass große Gruppen von Spielern von Riss zu Riss ziehen. Wenn die mächtige Regulos-Angriffe beginnen, ist schnell irgendein Kreuzzug gegen die Eindringlinge gebildet. Das lohnt sich auch, denn einige der mächtigsten Belohnungen im Spiel sind von der Teilnahme an den Kämpfen abhängig. Das alles kann lästig sein, wenn man einfach mal nur ein paar Quests machen will. Die Philosophie ist aber eigentlich ganz simpel: Wann immer man die Sicherheitszone der Hauptstadt der eigene Rasse verlässt, kann jederzeit überall mächtig Ärger warten. Es ist eine große, gefährliche Welt da draußen. Je schneller man das akzeptiert, desto schneller lernt man Rift lieben.

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Einige der Monster, die aus den Rissen entfleuchen, sind ziemlich ziemlich groß...

Telara selbst ist ein wunderschöner Planet. Vom Fantasy-Gefühl in den Dörfern und Städten der Wächter hin zum Steam-Punk-Look der Defiants gibt es nur wenige virtuelle Welten, die derart stark zum Erkunden animieren. Die Welt vielleicht nicht so groß wie in einigen anderen MMOs und sie bietet nicht so viele verschiedene Zonen. Aber die Grafik und das Design sind erstklassig. Telara fühlt sich realer an als etwa Azeroth und die Verzweiflung der Menschen, die hier leben, ist viel einfacher nachzuvollziehen.

Rift verwendet keine Klassen in der gleichen Art wie die meisten anderen MMOs. Man entscheidet sich für vier Berufungen, die von acht "Seelen" unterstützt werden. Es gibt Krieger, Schurke, Magier und Kleriker - und die "Seelen" repräsentieren so etwas wie Talentbäume. Der Spaß liegt in der Kombination, da jeder Charakter drei Seelen zugleich tragen kann. Das eröffnet Möglichkeiten jenseits des Standards, aber es könnte womöglich noch die Hölle für die Entwickler bei der PvP-Balance werden.

So weit, so gut. Trion hat geschafft, wovon andere MMO-Entwickler nur träumen: ein solides Produkt abzuliefern, dass sich so anfühlt, als ob es tatsächlich fertig ist. Sie haben es geschafft, traditionelle Spielmechaniken zu nehmen und sie frisch aussehen zu lassen. Vielleicht spricht jetzt auch nur der Zyniker in mir, der so viele vielversprechende MMOs hat scheitern sehen, aber es wäre eine Lüge zu sagen, dass die Zukunft von Rift eindeutig ist.

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Vielen gegen einen - das beliebte Raid-System wird natürlich auch hier nicht ausgespart.

Das Konzept der Risse ähnelt stark den öffentlichen Quests in Warhammer Online: Age of Reckoning. Im Moment ist es noch einfach, eine Gruppe zu finden, die die Mission in Angriff nimmt. Aber was passiert, wenn das Unvermeidliche eintritt und die Mehrheit der Spieler die Startgebiete zurückgelassen hat? Ebenso schwebt die Frage des Spielendes im Raum, wenn die Levelgrenze erreicht ist. Einige (extreme) Spieler haben die Levelgrenze bereits erreicht, das Hochleveln in Rift geht eher schnell. Innerhalb von ein, zwei Monaten wird vielleicht die Minderheit die Mehrheit sein. Hat Rift dann genügend Inhalt in der Hinterhand, um alle auf Trab zu halten, sobald sie Level 50 sind? Es ist leider unmöglich, das jetzt zu beantworten.

Jetzt und hier spielt das aber auch keine Rolle. Rift ist ein unglaubliches Stück Handwerkskunst und hat im Alleingang die gängige Vorstellung widerlegt, dass man als Spieler mit einer gewissen Menge an Bugs zum Start eines Games leben muss. Während ich mir mehr als zwei getrennte Fraktionen gewünscht hätte und mehr als zwei Startgebiete, schaue ich diesem geschenkten Gaul nichts ins Maul.

Was Rift in jedem Fall schafft, ist enormen Druck auf Studios wie ArenaNet (Guild Wars 2) und Bioware (Star Wars: The Old Republic) auszuüben. Warum auch nicht? Warum sollten zahlende Kunden sich mit weniger zufrieden geben al dem hier? Natürlich kann das alles in ein paar Monaten anders aussehen. Momentan aber ist das ziemlich egal. Ich habe einfach zu viel Spaß daran, den Feinden von Telara Tod und Zerstörung zu bringen.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Spielwelt wirkt dynamisch, großartige Grafik, extrem stabil, viel zu Entdecken
-
Spielt sich am Ende so wie jedes andere MMO
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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