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Nioh 2

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Die Dämonenplage in Japan findet kein Ende, doch unser Gamereactor-Ronin hat Erfahrung im Umgang mit Yokai.

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Nigitame werden die freundlichen Yokai genannt, die uns unterstützen und zu unseren Schutzgeistern werden können.

Ich begleite Nioh 2 jetzt seit neun Monaten und habe mich eigentlich sehr auf das Endprodukt gefreut, obwohl mich das Original etwas ausgebrannt zurückließ. Im Vorfeld der Veröffentlichung hatte ich den Eindruck, dass die Entwickler viele der Probleme, die ich am Vorgänger festgestellt habe, überarbeiten wollten. Obwohl zweifellos eine ganze Menge getan wurde, ist die Fortsetzung von Team Ninjas Samurai-Souls letzten Endes leider immer noch eine sehr erwartete, gleichförmige Erfahrung, die ihrem Ursprung nur wenig Neues hinzuzufügen hat.

Nioh 2 bemüht sich narrativ um eine mystische Nacherzählung vom Leben des Toyotomi Hideyoshi, einem der wichtigsten Feldherren Japans. Unser stummer, ständig grinsender Protagonist begleitet den jungen Mann bei seinem Aufstieg Mitte des 16. Jahrhunderts als Art gleichgestellter Geschäftspartner - allerdings bleibt die Arbeit natürlich hauptsächlich an uns hängen. Die Interpretation dieses historischen Ereignisses wird von Team Ninja aufwändig illustriert, allerdings stehen in der übernatürlichen Geschichte häufig andere Faktoren im Vordergrund.

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Erneut wird dieser lose geschichtliche Rahmen als Aufmacher genutzt, um uns in die fantastische Welt der Yokai zu werfen (das sind Fabelwesen des japanischen Volksglaubens). Im Kern des Konflikts steht ein kristallines Material namens Amrita, das magische Fähigkeiten verleiht und die Menschen in ihrem Bestreben korrumpiert. Es geht also letztlich um die Besessenheit von Macht und wie böse Kräfte die Schwächen der Menschen für ihre Zwecke ausnutzen. Wir stellen uns dem drohenden Unheil selbstverständlich entgegen und retten das feudale Japan nach einigen Kniffen und Wendungen vor der gefährlichen Dämonenplage.

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Rückblicke oder Zusammenfassungen werden meist in diesem herrlich zu bewundernden Stil präsentiert.

So viel zum Story-Rahmen, der erneut vor allem in schicken Zwischensequenzen zu Beginn und am Ende einer Mission vorangetragen wird. Das war schon im letzten Spiel herrlich mitanzusehen und wurde in Nioh 2 häufiger als gedacht charmant bis lustig umgesetzt. Das Spiel weiß seine merkwürdigen Situationen für sich zu nutzen und verpackt die Szenarien ansprechend. Im Verlauf des Actionspiels kämpfen wir uns durch mehrere Konflikte in Zentraljapan und genau wie im Vorgänger werden wir dabei in separate Level geworfen, die sich mittlerweile ein bisschen häufiger öffnen. Das heißt im Grunde, dass es manchmal zwei Wege gibt, um zu einem bestimmten Knotenpunkt zu gelangen, an dem uns meist ein schwieriger Kampf erwartet.

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Team Ninja gibt sich mit zunehmender Spielzeit sichtlich Mühe, uns über möglichst viele unterschiedliche Hürden stolpern zu lassen. Sumpfige Gebiete in denen unser Bewegungsradius eingegrenzt ist, Areale mit reduzierter Ausdauerregeneration, pechschwarze Bereiche ohne Orientierungspunkt oder der klassische Spießrutenlauf unter Dauerbeschuss - die Fallen sind perfide genug, um Unachtsamkeit von voreiligen und ungeduldigen Spielern knallhart abzustrafen. Weil einfach alles in diesem Spiel schrecklichen Schaden verursacht, müsst ihr stets auf der Hut sein und vorausschauend agieren.

Wer den ersten Teil gespielt hat, für den dürften das keine neuen Erkenntnisse sein und genau darum geht es auch ein stückweit in dieser Kritik: Nioh 2 ist eine sehr originalgetreue Fortsetzung, die sich nur wenig Neuerungen zutraut. Die offensichtlichste Veränderung im Gameplay fußt in der sogenannten Anima-Leiste - euer Mana-Vorrat, wenn ihr so wollt. Im Kampfverlauf sammelt man, beispielsweise durch das Verursachen von Schaden, Anima an und das wird wiederum zum Einsatz der teuflischen Yokai-Fähigkeiten benötigt. Feinde aus der Unterwelt lassen bei ihrem Ableben manchmal sogenannte Seelenkerne zurück, mit denen wir diese besonderen Fähigkeiten im Kampf selbst nutzen dürfen (wir sind nämlich ein halber Yokai und können das deshalb).

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Optisch werden uns in Nioh 2 viele fantastische Set-Pieces geboten, die Japan-Fans gut gefallen werden.

Diese starken Talente brechen den Kampfverlauf häufig sehr schön auf, weil sie uns eine zusätzliche Atempause verschaffen. Nioh 2 funktioniert genau wie sein Vorgänger noch immer vorrangig über den Wechsel von Kampfhaltungen in Kombination mit dem essenziellen Ausdauer-Management: Jede unserer Aktionen zehrt von unserem Vorrat an KI und wir müssen darauf achten, dass noch genügend davon zur Verfügung steht, um beispielsweise einem feindlichen Angriff per Ausweichrolle entgehen zu können. Falls uns die verbleibenden Bewegungsmöglichkeiten ausgehen sollten, können wir immerhin noch darauf hoffen, dass uns die Yokai-Fähigkeiten aus der Patsche helfen (was nicht immer, aber oft genug gelingt).

Die Scharmützel gewinnen dank der starken aktiven Talente auf jeden Fall an Dynamik, was letztlich auch dem Spielfluss zugutekommt. Es gibt viele weitere kleine Details, auf die man in den fordernden Yokai-Kämpfen achten sollte. Ein gutes Beispiel sind die leuchtenden Schwachpunkte, die vor allem bein Feinden dämonischer Abstammung auftreten. Wenn ihr die physische Manifestierung des Amrita entdeckt und sie zerstört, erleidet der Widersacher schweren Schaden und wird meist auch in seiner Aktion unterbrochen. Manchmal verlieren sie sogar Zugriff auf fortschrittlichere Kampftechniken, deshalb ist es für effektive Ninja wichtig zu wissen, wann und wo man zuschlagen sollte.

Bei den Feinden sehen wir viele alte Bekannte, weshalb sich die ersten Stunden für zurückkehrende Spieler sehr vertraut anfühlen werden. Allgemein dauert es eine ganze Weile, bis Team Ninja mit frischen Ideen und Inhalten auffährt, obwohl die bekannten Assets vom ersten Teil im gesamten Spielverlauf zum Einsatz kommen. Das sehen wir bei Nachfolgespielen aus offensichtlichen Gründen zwar häufig, doch spätestens wenn man in Nioh 2 Missionen vom ersten Spiel nur mit geringen Änderungen durchläuft, fällt die "nostalgische" Magie zu großen Teilen in sich zusammen. Team Ninja hat probiert, das überladene Konglomerat aus Spielmechaniken, das der erste Teil war, in seiner Komplexität anzupassen und aufzubrechen, allerdings ist ihnen das nicht sonderlich gut gelungen, weil sie neue Ideen eingepflanzt haben. Ein Beispiel:

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Das Gameplay läuft auf der PS4 sehr rund, allerdings sind die Umgebungen in den seltensten Fällen echte Hingucker.

In Nioh 2 stehen uns neun unterschiedliche Nahkampfwaffengattungen zur Verfügung und wir können jederzeit zwischen all diesen Werkzeugen wechseln. Die Werte unseres Charakters bedingen dabei vor allem den verursachten Schaden (im Gegensatz zur Konkurrenz sind bestimmte Werteausprägungen nicht nötig, um mit einer schwierig zu kontrollierbaren Waffe gekonnt umzugehen). Da jedoch jeder Waffenzweig eigenständig gelevelt wird, versetzt uns das Umskillen (das nur ein paar Münzen kostet) in die merkwürdige Situation, dass wir bestimmte Attacken nicht mehr ausführen können - ein aufgeladener Angriff zum Beispiel muss erst durch erlangte Waffenkenntnis erlernt werden. Dem gegenüber stehen die Rüstungen, die plötzlich doch voraussetzen, dass wir genügend Punkte in bestimmte Regionen unserer Charakterentwicklung investiert haben. Solche kleinen Hürden zeigen uns, dass es den Entwicklern nicht in allen Bereichen gelungen ist, die Spielerfahrung zugänglicher zu gestalten.

Deshalb haben sich meine Befürchtungen in gewisser Weise leider bewahrheitet. Die Entwickler stapeln weitere Spielsysteme auf den bereits sehr vollen Berg dreckigen Geschirrs, anstatt ordentlich aufzuräumen. Eine fokussiertere, gebündelte Spielerfahrung würde meiner Meinung nach zu einem stärkeren Gesamterlebnis beitragen, denn es macht nach wie vor sehr viel Spaß, sich mit Yokais zu messen, schlau agierende Samurai im Duell zu bezwingen, die wahnsinnig aufwändigen Animationen zu bewundern oder sich in der grafischen Pracht leuchtender Schutzgeister zu suhlen. Aus vielen dieser guten Systeme müsste in der Theorie ein feines Samurai-Abenteuer entstehen, doch die schiere Komplexität ringt Nioh 2 letztlich nieder, sodass es heute schwerer denn je ist, dieses Spiel vollständig zu erfassen und es für das wertschätzen zu können, was es so besonders macht...

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Insgesamt bin ich mit Nioh 2 schon zufrieden, allerdings ist es echt schade, dass sich Team Ninja nicht von ihren Altlasten hat trennen können.
08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
flottes Gameplay, technisch saubere Performance, Anima-Dämonenmagie hinterlässt Eindruck, sehr viel Inhalt, Kämpfe fühlen sich nach wie vor gut und belohnend an.
-
vollgestopfte Erfahrung, viele bekannte Assets, fügt dem Original nur wenig Neues hinzu.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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