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Serien-Kritiken
Ghost in the Shell SAC_2045

Ghost in the Shell: SAC_2045 - Staffel 1

Major gerät zwischen die Fronten, denn ihr Team steht einer neuen Gefahr gegenüber.

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Noch ehe die neueste Netflix-Produktion basierend auf dem weltbekannten Material des Manga-Autoren Masamune Shirow ausgestrahlt wurde, gab es Kritik am auffälligen 3DCG-Präsentationsstil der Serie Ghost in the Shell: SAC_2045. Das Animationsstudio Sola Digital Arts hat in Zusammenarbeit mit Production I.G (die schon länger mit dieser Story betreut sind) etwas produziert, das im Standbild keine sonderlich hochwertige Figur macht, in der Bewegung aber gar nicht mal so negativ auffällt. Leider ist die Präsentation nicht der einzige Punkt, über den dieses Format stolpert.

Zur Einordnung ist es hilfreich zu wissen, dass sich "SAC" auf die Fernsehserie Ghost in the Shell: Stand Alone Complex bezieht und somit an die Handlung des Hauptwerks anschließt. Major und verschiedene Mitglieder der Sektion 9 (darunter Batou, Togusa, Aramaki und andere alte Bekannte) stehen zwar im Mittelpunkt eines eskalierenden Komplotts, wir erfahren aber nicht allzu viel über sie (geschweige denn was sie die letzten 20 Jahre seit dem Konflikt mit dem Puppet Master durchlebt haben).

Es braucht etwas Anlauf, bis SAC_2045 in Fahrt gerät, und dabei verschwendet das Drehbuch nicht einmal viel Zeit mit einer allzu tiefgreifenden Einführung seiner Themen und Akteure. Die Handlung der Netflix-Produktion spielt im Jahre 2045, nachdem die globale Wirtschaft in Scherben liegt. Um die aussichtslose Lage des absoluten Werteverfalls auszugleichen, haben sich die vier mächtigsten Nationen dazu entschlossen, "Nachhaltige Kriege" zu führen, um in Sicherheit eine konstante Einkommensquelle zu unterhalten.

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Ghost in the Shell SAC_2045
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Die Vertonung ist leider nur im japanischen Original verfügbar, allerdings gibt es deutsche Untertitel.

Die Söldnergruppe Ghost, angeführt von Major Motoko Kusanagi, stellt für den Meistbietenden sicher, dass das auch so bleibt. Diese Exposition ist lediglich der Auftakt einer weitaus gröberen, globalpolitischen Handlung, die mit der Jagd auf eine neue Evolutionsstufe der Menschen (vorerst) "endet". Ich glaube man kann der Handlung auch ohne zusätzliches Hintergrundwissen über die verschiedenen Auskopplungen des Ghost-in-the-Shell-Universums folgen, allerdings richtet sich diese Serie insgesamt doch eher an Fans. Das wird unter anderem daran deutlich, dass vergangene Themen zwar immer wieder angesprochen, aber nie ergründet werden.

Der russische Künstler Ilya Kuvshinov ist für das Charakter-Design verantwortlich gewesen, das sich nicht allzu weit von der Vorlage entfernt. Major wird sehr verführerisch inszeniert, doch das anzüglichste Element von Ghost in the Shell: SAC_2045 ist mit Sicherheit die Kamera, die mit einigem Nachdruck und vielen unnötigen Zooms versucht, den Fokus des Geschehens auf Nebensächliches zu lenken. Technisch gesehen macht die Animationsabteilung zwar vieles richtig (vor allem die Actionsequenzen stechen positiv hervor), aber insbesondere in der Bewegung fallen immer wieder die sich ungewöhnlich verhaltenden Menschen- und Cyborgkörper negativ auf. Außerdem wird das Material teilweise karikiert, was zu übertriebenen Gesichtsausdrücken und Posen der Akteure führt.

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Mein größtes Problem mit der Serie ist wahrscheinlich das offene Ende, denn Folge 12 endet mit einem fiesen Cliffhanger mitten in der laufenden Ermittlung. Bis hierhin wurden einige coole Fälle gelöst, doch SAC_2045 probiert nicht einmal, eine Art vermittelnde Zwischenlösung anzubieten. Dazu kommt das 20-minütige Serienformat, das der Handlung leider überhaupt nicht weiterhilft. Man könnte die erste Staffel gut und gerne in drei längere Episoden einteilen, hilfreich sind die scheinbar wahllos gewählten Zwangspausen dabei jedenfalls nicht.

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Den zweiten, deutlich gröberen Schnitzer erlaubt sich die Serie bei der kreativlosen Darstellung seines Universums. Ghost in the Shell ist nach wie vor inspirierend und die Leistung Shirows deshalb umso überwältigender. SAC_2045 hat diesem Material bislang nichts hinzuzufügen und die Serie weigert sich auch, die Weitsicht der eigenen Vorlage zu kopieren. Nicht dass philosophische Fragen und solche Themenkomplexe nicht Bestandteil der Serie wären, sie werden nur höchstens oberflächlich behandelt, bevor einfach zur nächsten Szene gesprungen wird. Der thematische Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz futuristischer Militärgerätschaften und selbst dabei traut sich Production I.G nicht sonderlich viel. Die prächtige Cyberpunk-Welt bildgewaltig einzufangen ist ebenfalls nichts, an das sich diese Serie heranwagt.

Fans von Ghost in the Shell werden deshalb wahrscheinlich enttäuscht, auch weil das Franchise bereits viele, deutlich bessere Projekte hervorgebracht hat. SAC_2045 macht bisher zumindest kaum Gebrauch von seinem inspirierenden Sci-Fi-Universum und lässt zudem viele Fragen unangetastet. Außerdem müssen wir auf den Ausgang der Geschichte warten, die in der zweiten Staffel fortgesetzt wird. Zwölf weitere Episoden wurden zwar bereits angekündigt, die kommen allerdings noch ohne fixes Datum aus. Deshalb würde ich euch empfehlen zu warten oder eine der alten Serien oder Filme erneut anzuschauen. Denn obwohl sich das Format vielleicht nicht lohnt, bleibt das Ausgangsmaterial dieses spannenden Cyberpunk-Universums auch nach all den Jahren noch unfassbar anziehend.

05 Gamereactor Deutschland
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