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Far Cry 3

Far Cry 3

Ubisoft führt uns in den Dschungel und an den Abgrund des Wahnsinns.

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Es gibt viel über Far Cry 3 zu erzählen. Aus diesem Grund verzichten wir darauf, besonders gründlich auf die Anfänge der Serie einzugehen, sondern kommen gleich auf den Punkt. Ubisofts Egoshooter ist eine Mischung aus Far Cry und Far Cry 2. Die üppige Dschungellandschaft und die lineare Handlung des ersten Teils trifft auf die offene Welt des zweiten. Ubisoft hat sich die besten Aspekte aus beiden Spielen herausgepickt und daraus einen schlicht umwerfenden Shooter gezimmert.

Alles beginnt mit einem Sprung. Wir fallen mit unseren Freunden und lachen. Im freien Fall sausen wir auf das tropische Inselparadies zu, ohne zu wissen, dass uns dort unten die Hölle erwartet. Rücksichtslose Piraten, angeführt von einem fiesen Psycho mit dem Namen Vass, nehmen uns gefangen. Kurz darauf stirbt unser Bruder bei einem gescheiterten Befreiungsversuch. Unsere Freunde werden verschleppt und der irre Vass will, dass wir um unser Leben rennen. Das machen wir auch und so beginnt unser brutales, schonungsloses und wunderbares Abenteuer in dieser reichhaltigen und spannenden Spielwelt.

Unser erster Freund auf der Insel ist Dennis. Er rettet uns, gibt uns Geld für unser erstes Gewehr und schickt uns los, unsere gefangenen Freunde zu befreien. Zunächst aber tätowiert er uns. Es wird das erste von vielen Tattoos sein, denn sie sind ein essenzieller Bestandteil von Far Cry 3.

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Rücksichtslose Piraten, angeführt von einem fiesen Psycho mit Namen Vass, nehmen uns gefangen.

Tatau, so heißt die Körperkunst der Eingeborenen. Diese haben selbst mehr als eine Rechnung mit den marodierenden Piraten offen. Im Tatau-Stil werden unsere Fähigkeiten und Errungenschaften also auf den Arm unseres Helden Jason Brody tätowiert. Gegen Ende des Spiels ist Brodys Arm mit Farbe bedeckt, ein Zeichen für all die überstandenen Strapazen und erlernten Fähigkeiten.

Es gibt drei unterschiedliche Fähigkeiten zu erlernen, die auf unserem Arm in Form eines Fischreihers, eines Hais und einer Spinne dargestellt sind. Der Fischreiher steht für Abschüsse aus der Ferne und Beweglichkeit. Der Hai repräsentiert direkte Angriffe und unsere Heilkräfte. Die Spinne ist ein Sinnbild für verdecktes Vorgehen und Überlebenswillen. Mit unserer gesammelten Erfahrung schalten wir Punkte frei, die wir auf die drei Fähigkeiten verteilen.

Unser Protagonist präsentiert sich als zielloser und privilegierter Mannes Ende zwanzig. Wie unser Unterarm werden auch wir im Laufe des Spiels eine komplette Verwandlung durchlaufen. Am Ende werden wir kein unspektakulärer Durchschnittstyp mehr sein, sondern ein tödlicher Jäger und angsteinflößender Krieger. Kurz: ein wahrer Alptraum für böse Buben. Wir durchlaufen nicht nur eine physische Veränderung, sondern auch eine psychologische. Irgendwann sind wir von unserer eigenen Macht berauscht. Wir kämpfen nicht nur gegen die Gefahren der Insel, sondern auch mit uns selbst.

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Wie unser Unterarm werden auch wir im Laufe des Spiels eine komplette Verwandlung durchlaufen.

Doch zurück zu Dennis. Dieser erteilt uns den ersten Auftrag: einen lokalen Funkturm zu erklimmen. Sobald wir das wackelige Gerüst erklommen haben, lichtet sich unsere kleine Karte und die Kamera schwenkt umher und zeigt uns ein paar interessante Orte in der unmittelbaren Nähe. Auf der Insel finden sich mehrere dieser Funktürm. Die Aussicht auf eine vollständige Karte reicht bereits als Motivation, sie alle zu erklimmen.

Nach den ersten zögerlichen Schritten, erhalten wir nun schnell ein paar sehr nützliche Fähigkeiten. Wir erledigen Feinde, ohne gesehen zu werden, rennen länger, laden schneller nach und haben mehr Gesundheit. Es dauert nicht lange und Brody ist ein ernst zu nehmender Gegner.

Der örtlicher Mediziner/Dealer Dr. Earnhardt rettet einen der vermissten Amerikaner und die Höhle unter seinem Haus wird zu einem Lager für unsere befreiten Freunde. In Dr. Earnhardts Haus genießen wir einen spektakulären Ausblick über die Insel und die eine oder andere bewusstseinserweiternde Droge. Vom Haus aus machen wir uns dann auf, den Urwald zu erforschen, um eine Spur unserer Freundin Liza und von unserem jüngeren Bruder Riley zu folgen.

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In Dr. Earnhardts Haus genießen wir einen spektakulären Ausblick über die Insel und die eine oder andere bewusstseinserweiternde Droge.

Die Dringlichkeit der Mission, gepaart mit der offenen Welt, macht Far Cry 3 zu einer äußerst spannenden Angelegenheit. Die Situationen, die hier überspitzt dargestellt werden, geschehen in ähnlicher Form überall in der wirklichen Welt - wie zum Beispiel in Somalia. Die Handlungen der Piraten und Sklavenhändler rechtfertigen unsere brutale Rache allemal. In anderen Worten: Die Dreckskerle haben es nicht besser verdient.

Aber bevor wir überhaupt jemanden retten, müssen wir zuerst ein paar Lektionen lernen. Der Grundkurs im Überleben beinhaltet nämlich auch das Herstellen von Gegenständen. Spritzen können mit allen erdenklichen Mitteln gefüllt werden, um uns schnell rennen oder präziser schießen zu lassen oder um unsere Wunden zu heilen. Das ist aber nicht so wichtig wie das Herstellen von Ausrüstung. Ballermänner erstehen wir in den örtlichen Läden oder finden sie auf unseren Streifzügen, aber alles andere müssen wir selbst herstellen. Wenn wir einen größeren Rucksack wollen, müssen wir ihn mit Hilfe von Dingohäuten selbst nähen. Wenn wir unseren Holster erweitern wollen, sollten wir ein paar Haie töten. Kurz: Für bessere Ausrüstung und ein größeres Inventar müssen wir jagen. Es ist ein feiner Weg, das Erkunden der offenen Welt mit der Handlung zu verknüpfen.

Die Inseln selbst blühen in ihrer ganzen Pracht. Die Grafik ist schlicht atemberaubend. Wir haben das Spiel auf einem durchschnittlichen Gamer-PC gespielt und keinerlei Probleme festgestellt. Die Landschaft ist bevölkert von allerlei Tieren, manche fressen Pflanzen, andere lieber Fleisch. Sandige Strände führen über karge Hügel hin zu dichten Wäldern voll blühender Vegetation. Kurz: das hier ist das Paradies.

Auch die Akustik überzeugt. Der Sound der Waffen erzeugt befriedigende Resonanz, wann immer wir den Zeigefinger krümmen. Die Geräusche der Wildnis übertreffen an Qualität alles bisher dagewesene. Der orchestrale Sound des Spiels ist eine Mischung aus pumpenden Ureinwohner-Rhythmen gepaart mit rohen, metallischen Klängen. Wann immer wir das Fahrzeug wechseln, ändert sich der Soundtrack. Das lädt zu einer Verfolgungsjagd bei Sonnenuntergang ein.

An Boliden mangelt es nicht. Vom Geländewagen, Lkw, Boot, Quad-Bike bis zum Lenkdrachen wird alles geboten. Und auf den Inseln gibt es immer etwas zu entdecken. Hier ein abgestürztes Flugzeug, dort ein versunkenes Schiff, Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg oder moosbedeckte Ruinen - all das will entdeckt und erkundet werden. Es ist unmöglich, nicht etwas zu entdecken.

Far Cry 3
Die Inseln selbst blühen in ihrer ganzen Pracht. Die Grafik ist schlicht atemberaubend.

Noch lange nach dem sensationellen Ende der Kampagne finden sich Aktivitäten, die unsere Aufmerksamkeit verlangen und langen Spielspaß garantieren. Erkundungen zahlen sich immer aus und bieten eine willkommene Abwechslung. Trials of the Rakyat zum Beispiel sind Missionen, die den Gebrauch einer bestimmten Waffe vorschreiben und die uns je nach Abschluss mit verschiedene Belohnungen verwöhnen. Über öffentliche Ranglisten können wir unsere Leistungen mit denen unserer Freunde vergleichen. Bei Path of the Hunter verhält es sich ähnlich, nur müssen wir hier Tiere jagen.

In Supply Drop rasen wir von Checkpoint zu Checkpoint auf der Jagd nach Nachschub und in Wanted Dead müssen wir ein bestimmtes Ziel mit dem Messer erledigen. Wenn wir, bewaffnet mit Raketenwerfer und Schrotflinte, gegen Wellen heranstürmender Tiere und Menschen bestehen müssen, ist das zwar ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, im Großen und Ganzen bietet das Spiel aber mehr als genug Zeitvertreib für alle, die sich eine Pause von der intensiven Kampagne wünschen.

Überall auf den Inseln finden sich Außenposten, die wir einnehmen können. Wie wir dabei vorgehen, bleibt uns überlassen. Die offene Welt erlaubt uns eine Vielzahl an Möglichkeiten, ein Problem zu lösen. Verdecktes Vorgehen und Distanzschüsse sind eine Option, Schrotflinten und Granatwerfer eine andere. Wie wir am besten in die Anlagen hineinkommen? Wir können einen Flugdrachen benutzen oder uns im Schutz des Wassers anschleichen. Wir können aber auch einen Jeep stehlen und mitten durch den Vordereingang brettern. Drinnen wird uns dann schon etwas einfallen. Der hohe Grad an Freiheit, den uns Far Cry 3 bietet, ist jedenfalls ein Grund für das tolle Spielerlebnis.

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An Boliden mangelt es nicht. Vom Geländewagen, Lkw, Boot, Quad-Bike bis zum Lenkdrachen wird alles geboten.

Ablenkungsmanöver können die Spannung aber nur aufstauen, bis sie sich irgendwann mit geballter Wucht entlädt. Die Kampagne ist brillant inszeniert und voller Höhepunkte: Gespräche mit der verführerischen Citra sind intensiv und die Passage zu Richard Wagners Walküre ist absolut verrückt. Während der Kampagne infiltrieren wir gegnerische Hochburgen, unter anderem ein Schiff auf hoher See, und vollführen spektakuläre Fluchtmanöver mit gestohlenen Daten. Die Handlung ist voller unerwarteter Wendungen, lässt uns kaum zu Atem kommen und hält die Spannungskurve konstant aufrecht.

Abgesehen von der mächtigen Kampagne gibt es noch den Multiplayer und auch der heißgeliebte Karten-Editor ist wieder mit von der Partie. Leider konnten wir mit unserer Presseversion keine Multiplayer-Matches bestreiten, dafür haben wir aber die tolle Koop-Kampagne gespielt.

In einer separaten Kampagne, die zeitlich vor der Einzelspieler-Kampagne liegt, kämpfen bis zu vier Spieler gemeinsam gegen unterschiedliche Gegner. Vier schrullige Charaktere wurden von ihrem Schiffskapitän in die Sklaverei verkauft. Nach einer erfolgreichen Flucht sind wir nun auf Rache aus und es geht heiß her. Vier zuckende Finger am Abzug ersticken jeden Schleichversuch und lassen stattdessen die Kugeln sprechen. Da wir immer versuchen, die Leistung unser Teamkameraden zu übertreffen, reißt die Action nie ab. Der Koop ist eine echte Bereicherung.

Far Cry 3
Das Spiel bietet viel Inhalt, es ist spannend, liebevoll gestaltet und fast perfekt.

Es gibt nicht viel Negatives über Far Cry 3 zu sagen. Ab und zu bleibt Brody an der ein oder anderen unsichtbaren Stufe hängen, es gab ein paar grafische Schnitzer, einen Absturz und einmal blieb der Ton aus. Aber das war es auch schon. Es sind nur ein paar Kleinigkeiten, die Far Cry 3 von der Bestnote trennen. Das Spiel bietet viel Inhalt, es ist spannend, liebevoll gestaltet und fast perfekt.

Wir können noch keine Aussage darüber machen, wie sich der Multiplayer gegenüber der fest etablierten Konkurrenz verhalten wird. Was wir aber sagen können, ist, dass Far Cry 3 jenseits des Multiplayers alles richtig macht. Die Kampagne allein bietet mehr als zwanzig Stunden Spielspaß, die vielen Nebenmissionen, Aufgaben und Herausforderungen nicht mitgerechnet. Ubisoft hat uns einen epischen Open-World-Egoshooter geliefert und es wäre verrückt, auf dieses Erlebnis zu verzichten.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
wunderschöne, offene Welt, wunderschöne Grafik, fesselnde Geschichte, großartige Charakter-Entwicklung, beeindruckender Umfang
-
kleinere Grafikfehler, aufgesetzt wirkende Herausforderungen stören das Eintauchen ins Spiel, auch wenn sie Spaß machen
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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