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Devil May Cry 5

Devil May Cry 5

Mit großen Emotionen, neuem Gesicht und verrückten Kampfeinlagen stellt sich Capcom einer weiteren Dämonenplage.

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Das neueste Game von Hideaki Itsuno muss ein Fest für Hardcore-Fans sein. An Absurdität ist Devil May Cry 5 jedenfalls kaum zu überbieten und das lässt sich nicht nur an den halbstarken One-Linern der drei waghalsigen Helden festmachen. Es ist der Kontrast, der das neue DMC zu einer solch skurrilen Erfahrung macht. Wer eine irre Waffennärrin in einem unverwüstlichen Van durch die fleischgewordene Apokalypse scheucht, von dem erwartet man eben nicht, dass er seine Figuren nach einem blutigen Finisher existentiell infrage stellt. Capcom macht genau das und es ist ein fantastischer Spaß geworden.

Capcoms führt uns in ihrem neuem Spiel erneut nach Red Grave City. Neros kümmert sich dort zusammen mit Trish und Lady auf Auftragsbasis um Dämonenprobleme - sie sind quasi Kammerjäger. Das ist praktisch, da die Stadt kurz vor einer weiteren, infernalen Plage steht. Der verfluchte Baum Qliphoth hat in der Gegend Wurzeln geschlagen und droht die Welt zu vernichten - menschliches Blut dient ihm als Nährstoff. In seiner Mitte wacht der unheilige Dämonenkönig Urizen, der deutlich mächtiger ist, als es die Dämonenjäger zunächst annehmen.

Neben Dante und seinem Team wären da noch Nero, sowie dessen Partnerin Nico (die oben erwähnte Verrückte). Sie unterstützt das Team mit feschen Sprüchen und ist ansonsten für die Ausrüstung der Mannschaft verantwortlich. Nero hat kürzlich einen Arm verloren und nutzt neuerdings experimentelle Cyborg-Armprothesen. Die Teile sind unberechenbar und ermöglichen verrückte Kampfstile, aber dazu später mehr. In Devil May Cry 5 wird der heißblütige Schlächter sinnvoll in Dantes Backstory eingewoben, weshalb sich Nero mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert sieht.

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Obwohl die drei Streithähne die gleiche Mission haben, kommt niemand auf die Idee, die gemeinsamen Kräfte zu bündeln und einen koordinierten Angriff zu starten.

Den Abschluss des aktiv kämpfenden Kaders besteht im gebrechlich wirkenden Gruftie V. Vieles an ihm ist zu Beginn des Spiels unbekannt und es wird einige Zeit dauern, bis wir herausfinden, wie er zu den anderen beiden Figuren steht. Im Gegensatz zu Nero und Dante geht V nicht direkt auch Tuchfühlung mit seinen Feinden. An seiner Seite kämpfen drei mächtige Schattenkreaturen, die er seinem Willen unterworfen hat. Ansonsten bleibt noch zu erwähnen, dass Capcom V in Schlüsselszenen unglaublich gern über die Vergangenheit lamentieren lässt...

Wie ernst sich der Titel in solchen Momenten nimmt, das hat uns in seiner Dimension echt überrascht. Devil May Cry 5 ist in keinster Weise ein seriöses oder gar nachvollziehbares Spiel, doch die eigene Historie wird stets hoch gehandhabt. Das alles ist zwar nur Verkleidung für ein hochwertiges Over-the-Top-Actionspiel, doch der Pathos wirkt bei aller Liebe fehl am Platz.

Erschwerend hinzu kommt die geteilte Erzählstruktur, da Capcom die drei Helden durcheinander reden lässt. In den 20 Missionen hangeln wir uns halbwegs chronologisch an den Ereignissen des 15. Juni entlang, einige Rückblicke und parallel laufende Episoden sind ebenfalls dabei. In der Regel ist jedes Level an einen einzigen Charakter gebunden, zwei Missionen dürfen wir allerdings auch aus der Sicht der jeweils anderen Protagonisten erleben.

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Capcom hat einen geschichtlichen Rückblick der bisherigen Historie ausgearbeitet, um uns die Ereignisse der alten Spiele noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Wie in bisherigen Ablegern geht es auch in Devil May Cry 5 eigentlich nur um Stil. Die mächtigen Dämonen werden deshalb nicht nur fachgerecht in Stücke gehauen, sie werden prachtvoll und scheinbar mühelos filetiert. Durch das Aneinanderreihen von Schlagabfolgen verschiedener Waffen und Fähigkeiten treiben wir unsere Style-Punkte in die Höhe. Gleiche Attacken, Inaktivität und der Konter eines Gegners holen uns wiederum auf den Boden der Tatsachen zurück.

Jeder der drei Helden hat seinen eigenen Kampfstil. Bei V ist das am deutlichsten ausgeprägt, doch seine Schattenmonster geben ihm eine Sicherheit, die den anderen beiden Antihelden fehlt. Ich habe den Gruftie tatsächlich am liebsten gespielt, weil seine Kombos von Feinden beinahe nicht unterbrochen werden können, was hohe Missionsbewertungen nach sich zieht. Dante war für mich lange Zeit der klassische Button-Masher, weil mir seine Armprothesen zu unkontrollierbar erschienen. Doch wer die Devil Breaker meistert, der wird mit einer Vielzahl von Kampfstilen belohnt, die selbst für DMC-Standards abgefahren sind. Und das sage ich mit bester Kenntnis darüber, dass Dante mit einem Motorrad ins Gefecht zieht...

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Mikrotransaktionen haben es übrigens ebenfalls ins höllische Actionspiel geschafft: Die roten Orbs, die zentrale Währung des Spiels, lassen sich im Online-Store nachkaufen.

Dantes Arsenal ist aufgrund der alten Spiele deutlich umfangreicher, als das seiner Kumpanen, und ihm stehen bereits zum Beginn des Abenteuers mehrere Fernkampf- und Nahkampfwaffen zur Verfügung. Außerdem verfügt er über vier Kampfformen, die sein komplettes Bewegungsset variieren. Und weil das Neulinge noch nicht mit absoluter Sicherheit überfordert, gibt es den Dämonenzustand Devil Trigger, mit dem Dante für kurze Zeit zu einem Teufel wird und mächtigere Attacken entfesselt. Ach und im Verlauf des Spiels gelangen sogar noch weitere Gegenstände in unseren Besitz, es nimmt beinahe Überhand...

Dieser ganze Kram lässt sich bei Nico und an sporadisch platzierten Statuen im Austausch für rote Orbs aufrüsten - Gegner lassen die Kristalle zurück und man darf sie vom Capcom-Server für Echtgeld kaufen. Im ersten Spielverlauf kratzen wir aufgrund der unglaublichen Vielfalt an Waffen und Fähigkeiten (und weil es drei Figuren gibt) nur an der Oberfläche der Charakterprogression, Devil May Cry 5 ist also darauf ausgelegt, mehrmals gespielt zu werden. Höhere Schwierigkeitsgrade und versteckte Herausforderungen helfen dabei, all die Kniffe und besonderen Kampftechniken zu meistern. Denn wer die Schlacht stilsicher perfektioniert, der wird von ganz allein noch eine weitere Runde spielen wollen.

Im Spielverlauf werden wir immer wieder mit den Auswüchsen des abartigen Qliphoth-Organismus konfrontiert. Die dornigen Wurzeln sind beispielsweise als vordergründiges Spielelement eingebunden und versperren häufig unseren Weg. Fortschritte erzielen wir nur, wenn wir den dazugehörigen Pflanzenknoten finden und zerstören. In diesem Sinne spielt sich Devil May Cry 5 sehr klassisch, da das lineare Leveldesign trotz hübscher Verpackung noch ebenso starr aufgebaut ist, wie das seiner Vorgänger. Das beinhaltet seichtes Plattforming, viele kleine Videosequenzen und eine gewisse Trägheit in den Bewegungen unserer Figuren.

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Wer den entsprechenden Richtlinien zustimmt sendet seine Geist-Spieldaten in das Game eines Anderen. Eure Performance wird fremden Spielern dann ab und zu im Hintergrund angezeigt.

Capcom illustriert das Höllenthema mit seinem fremdartig gestalteten Umgebungen wirklich hervorragend. Zwischen den vielen hochwertigen Lichtblicken gibt es zwar auch inspirationslose oder gar unschöne Abschnitte, doch thematisch kommt Devil May Cry 5 dem Abbild der Hölle auf Erden durchaus nahe. Das ist vor allem der RE-Engine zu verdanken, die organische Oberflächen realitätsnah reflektiert - es ist aber wie gesagt mehr als das. Der Titel macht eine fantastische Figur auf PS4 und Xbox One und es lohnt sich sogar abseits der Videosequenzen, den Controller beiseite zu legen und den Blick über das Panorama schweifen zu lassen.

Alles in allem sind wir sehr zufrieden mit dem neuen Devil May Cry. Die Geschichte ist jenseits von Gut und Böse und bietet dank der genialen Absurdität genügend komödiantisches Futter, um über etwaige Durststrecken der Erzählung hinweg zu unterhalten. Zudem ist das Game ein wahrhaftiges Biest von einem Kampfsystem, das selbst Veteranen mit seinem schieren Umfang überfordern dürfte. Und dann ist da natürlich noch die fulminante Präsentation, mit der Capcom das hochwertige Abenteuer der stylischen Dämonenjäger inszeniert... All das könnte Fans der Serie kaum zufriedener stellen.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
beeindruckende Präsentation der fleischgewordenen Hölle, Dämonen-Kloppen war noch nie stylischer, massiver Umfang, Fan-Spektakel
-
Level-Design und Spielaufbau eher altbacken, peinliche Kitsch-Gespräche der großen Macker, japanischen "Charme" muss man vertragen können
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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