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Brothers: A Tale of Two Sons

Brothers: A Tale of Two Sons

Der Xbox Live Summer of Arcade startet mit einem großartigen Spiel, das so besonders ist, dass es sich niemand entgehen lassen sollte.

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Eine Geschichte über Verlust, eine Geschichte über Liebe und Familie. Brothers: A Tale of Two Sons von den Starbreeze Studios ist wahrscheinlich das Spiel, das einem Werk von Team Ico seit der Veröffentlichung von Shadow of the Colossus am nächsten kommt. Aber es steht natürlich auf seinen ganz eigenen Beinen und liefert ein unvergessliches, bewegendes Märchen.

Das Spiel sieht auch wie ein spielbares Märchen der Gebrüder Grimm aus und fühlt sich auch so an. Dazu kommt eine Menge skandinavischer Folklore. Alles wirkt so vertraut und heimisch, auch wenn es ein paar sehr harte Elemente gibt. Solche von jener Art, die wir in eine Erzählung einweben würden, um Kinder davon abzuhalten, sich allein im Wald zu verirren.

"Oh, Bruder, wo bist du nur?", fragt mein linker Daumen den rechten, als die beiden Brüder auf dem Bildschirm in entgegengesetzte Richtungen laufen. Sich mit der besonderen Spielmechanik in Brothers: A Tale of Two Sons vertraut zu machen, braucht einen Moment, weil wir die beiden Hauptfiguren mit jeweils einem Analogstick steuern. Kleiner Bruder rechts, großer Bruder links. Die entsprechenden Schultertasten werden genutzt, um kontextsensitive Aktionen mit dem jeweiligen Charakter durchzuführen - wenn wir etwa an einem Hebel ziehen, Dinge schieben oder uns an einem Absatz festhalten.

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Brothers: A Tale of Two SonsBrothers: A Tale of Two Sons
Die Brüder haben sich auf das Abenteuer eingelassen, um ein Heilmittel für die mysteriöse Krankheit des Vaters zu finden.

Im Ergebnis spielen wir für die vier bis fünf Stunden mit uns selbst im Koop, die Brothers: A Tale of Two Sons dauert. Linker Daumen und rechter Daumen in perfektem Einklang. Ganz ohne lästigen Partner, auf den wir aufpassen oder warten müssen, sondern einfach nur viele interessante Rätsel und Spielmechaniken erleben, die auf kooperatives Zusammenspiel setzen. Der ältere Bruder ist stärker und in der Lage, schwere Hebel zu bewegen. Im Gegenzug kann der jüngere Bruder an Orte gehen, für die der andere zu groß ist. Im Spiel gibt es auch eine sehr nette Stelle, an der der jüngere Bruder Angst vor Wasser hat. So etwas ist wirklich sehr schön in die Geschichte eingebunden.

Obwohl der Grundton von Beginn an ziemlich düster ist, weil sich der jüngere Bruder daran erinnert, dass seine Mutter ertrunken und der Vater krank geworden ist, gibt es im ersten Teil des Spiels dennoch viele fröhliche Momente. Aber im Verlauf der Geschichte und je gefährlicher die Reise wird ... nun, ohne zu viel zu verraten, aber es ist ein Spiel über Familie und den Umgang mit Verlust. Die Brüder haben sich auf das Abenteuer eingelassen, um ein Heilmittel für die mysteriöse Krankheit des Vaters zu finden.

Brothers: A Tale of Two Sons ist das perfekte Beispiel dafür, wie man eine Erzählung minimalistisch halten kann, es aber dennoch gelingt, unglaublich viele Emotionen zu vermitteln. In der Tat waren meine Augen während einer Schlüsselszene gegen Ende des Spiels voller Tränen. Die Zwischensequenzen sind auf ein Minimum reduziert und die gesprochene Sprache, so verständlich sie auch klingen mag, ist komplett ausgedacht. Es gibt keinen Text, keine Anleitungen, die wir durcharbeiten müssen. Und nichts davon ist nötig. Es ist ein Spiel, das sich auf Nötigste beschränkt. Und vielleicht erklärt das auch, warum es eine solch emotionale Wirkung entfalten kann. Ein weiterer Grund für die emotionale Wirkung mag die wunderbare musikalische Untermalung sein, die sich sehr organisch anfühlt. Sie ergänzt die surreale Atmosphäre des Spiels.

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Brothers: A Tale of Two Sons
Es gibt keinen Text, keine Anleitungen, die wir durcharbeiten müssen. Und nichts davon ist nötig.

Eines der Ziele, die das Entwicklerteam für Spiel hatte, war es, jedes Puzzle einzigartig zu machen und nie irgendetwas zu wiederholen. Das ist natürlich lobenswert, aber es sorgt auch für ein paar Probleme. Nicht alle Rätsel und Mechaniken bewegen sich auf dem gleichen Niveau. Eine Sequenz mit einem Boot zum Beispiel ist ziemlich glanzlos geraten. Und während die künstlerische Vision für das Spiel einwandfrei bis zu Ende gedacht wurde, gibt es Probleme auf der technischen Seite, die uns ein wenig vom Genuss ablenken. Charaktere erscheinen manchmal ein wenig schwammig und es gibt ein paar komische Kollisionsabfragen. Dazu erlaubt es das Gamedesign, dass wir mit einem Bruder sterben, gleichzeitig aber eine unsichtbare Markierung mit dem anderen erreichen und so in den nächsten Abschnitt kommen, obwohl wir eigentlich daran gescheitert sind, beide Brüder sicher am Hindernis vorbeizubringen. Es sind nur kleinere Mängel, aber sie stören eben trotzdem ein wenig das Gesamtbild.

Obwohl wir einen Kopfschuss landen werden und auf unser Reise ein oder zwei Gliedmaßen abhacken, ist Brothers: A Tale of Two Sons nahezu frei von direkter Gewalt. Es ist erfrischend, dass wir zwar im wörtlichen Sinne durch Unmengen von Blut waten werden, aber trotzdem nicht Amok laufen. Man könnte die Reise der Brüder mit der von Frodo und Sam vergleichen, als sie sich nach Mordor wagen. Obwohl sie mutig sind, stellen sie sich Gefahren nur selten direkt.

Eine interessante Anmerkung ist vielleicht noch, dass ich das gesamte Spiel durchgespielt habe, ohne ein einziges Achievement freizuschalten - und es gibt insgesamt zwölf davon. Jedes Einzelne gibt es nur für das Finden von Eastereggs und das Experimentieren mit Spielmechaniken, nicht aber für das bloße Vorwärtskommen. Das zumindest nehme ich an, wenn ich den Beschreibungen der Achievements trauen kann. Es ist eine ganz nette Abwechslung, auch wenn es nicht meinen Gamerscore nach oben getrieben hat. Dies könnte allerdings den Wiederspielwert des ansonsten sehr linearen Abenteuers erhöhen, bei dem ein zweites Durchspielen nicht einmal wirklich angepriesen wird.

Brothers: A Tale of Two Sons ist eines jener Spiele, die wir unbedingt ausprobieren sollten, allein deswegen, weil sie anders sind. Es ist keineswegs perfekt, aber die starke Handlung, die schöne Ästhetik und eine überraschende Geräuschkulisse sorgen für einen weiteren starken Beitrag für den Summer of Arcade bei Xbox Live.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
wunderschöne Ästhetik, starke Handlung, überraschende Geräuschkulisse, einzigartige Spielmechaniken, viel Abwechslung
-
ein paar technische Mängel, manche Abschnitte spielen sich nicht so gut wie andere
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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