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AMD Radeon Pro VII - AMD attackiert Nvidias Hochleistungs-Grafikkartengeschäft

AMD hat brandneue Grafikkarten vorgestellt, die in einem wichtigen Teil des Kerngeschäfts von Nvidia fischen.

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Gamereactor wurde kürzlich zu einer Online-Pressekonferenz eingeladen und auf diesem Event erfuhren wir, dass AMD das hochpreisige Profi-Grafikkartengeschäft aufwirbeln möchte. Was bedeutet das für uns Spieler? Noch nichts, doch wir vermuten, dass AMD in absehbarer Zeit auch im Gaming-Segment ähnlich aggressiv auftreten könnte, wie es Nvidia seit Jahren tut. Und dafür haben sie nicht nur allen Grund, sie beweisen auch die richtige Expertise.

Die neue Radeon Pro VII verbindet viele wichtige Dinge in sich. Sie ist schnell, hat eine enorme Kapazität und ist im Vergleich zu den Quadro-, GV- und RTX-Serien von Nvidia äußerst aggressiv bepreist. AMD greift Nvidia in drei Bereichen an, in denen es sich das Unternehmen viel zu lange gemütlich gemacht hat: Design & Simulation, Broadcast & Media, sowie High Performance Computing (HPC). Während wir Gamer unsere Hardware oft für teuer halten, sind 9000 US-Dollar pro Grafikkarte in diesen Geschäftszweigen nicht ungewöhnlich. Dass AMD mit einer Grafikkarte unter 1900 US-Dollar die Nvidia Quadro GV100 sogar übertrifft, ist deshalb eine beachtliche Leistung.

AMD Radeon Pro VII - AMD attackiert Nvidias Hochleistungs-GrafikkartengeschäftAMD Radeon Pro VII - AMD attackiert Nvidias Hochleistungs-Grafikkartengeschäft

AMD strebt den Thron in den Bereichen Double Precision Computing, aufwändige Simulationen, Design-Validierung und den Umgang von 64-Bit-Datentypen an. Das sind rechenintensive Arbeiten, die mit entsprechend leistungsfähigen (und teuren) Grafikkarten betrieben werden. Diese High-Class-Geräte werden normalerweise zur Berechnung komplexester Vorgänge genutzt. Für ein Unternehmen ist es günstiger Geld in Technik zu investieren, die einem ausrechnet, wie viel Hitze ein Flugzeug aushalten kann, ehe es in Flammen aufgeht. Die Alternative sieht extreme finanzielle Belastung durch das Testen unzähliger Prototypen vor, was schnell ins Bodenlose geht.

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Gleiches gilt für den Bereich Computer Aided Engineering, was mittlerweile in fast allen modernen Produkten genutzt wird. Um ein Auto zu gestalten wird eine große Datenmenge benötigt und allein der Markt für die nötige Simulationssoftware dafür könnte in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich auf über 19 Milliarden US-Dollar steigen.

Gut, aber was kann die Radeon Pro VII denn nun genau?

Obwohl das Teil als Einzelgerät verkauft wird, wird es häufig als Doppelkonfiguration eingerichtet. Die Doppel-Radeon-Pro-VII-Konfiguration kostet "nur" 3798 US-Dollar, während Nvidias Quadro CP100 mit 7769 US-Dollar daherkommt und die GV100-Karte für 8999 US-Dollar deutlich teurer ist.

Eine solche Konfiguration ist nicht nur billiger, sondern sie bietet auch mehr Geschwindigkeit, da sie PCIe Gen4 unterstützt und sechs Display-Ausgänge mit aktiven IFL-Bridges bietet (im Vergleich zu den 4/4+1DVI-D-DL-Ports). Die Rechenleistung ist mit 13,1 TFLOPs enorm und mehr als doppelt so hoch, wie die rohe Rechenleistung einer GP100. Die 7,4TFLOP der GV100 kommt nicht ansatzweise an die gekoppelte Radeon-Pro-VII-Karte heran, die den Datendurchsatz der GV100 (870 GB/s) und der GP100 (717 GB/s) locker übersteigt - beide Karten packen weit über 1 TB/s. Die Nvidia-Karten verwenden außerdem immer noch den langsameren GDDR6-Speicher und dabei verbraucht die AMD Radeon Pro VII 36 Prozent weniger Strom, als beispielsweise die RTX 4000.

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Im Gegensatz zu einigen anderen Karten bietet die Radeon Pro VII auch eine Fehlerkorrektur und bleibt unter 73 Grad, während die Konkurrenz, beispielsweise die Quadro RTX 5000 auch gerne mal auf über 80 Grad klettert. Software wie EDEM von Altair unterstützt bereits PCIe 4.0 und Double Precision Acceleration, wodurch die Radeon Pro VII mindestens doppelt so viel Leistung wie eine Nvidia Quadro RTX5000 und 5,6-mal so viel Leistung pro Dollar erbringt, wie die Quadro GV100 von Nvidia.

Kein Wunder also, und somit auch relevanter für Gamereactor-Leser, dass diese neue AMD-Karte auf die 8K-TV-Produktion abzielt. AMD hilft uns dabei, diese Infos in die richtige Perspektive zu rücken: Um eine Stunde Videomaterial in 8K aufzunehmen, benötigt man in der Regel einen Monat. Ein leistungsstarker Hochleistungscomputer ist nach zwei bis drei Monaten mit der Bildbearbeitung und dem Sound-Mix durch (wie gesagt, das sind Angaben von AMD). Das Unternehmen sieht 8K-Auflösung - 33.277.600 Pixel auf dem Bildschirm - als neuen Standard an, obwohl sie sich weigerten, über kommende Modelle und Veröffentlichungen für Spiele zu sprechen. Aktuell sind nur die teuersten Gaming-Rigs in der Lage, flüssiges 4K-Gaming bei 60+Hz/60 fps darzustellen (und die meisten Systeme haben schon damit arg zu kämpfen). Jedenfalls könnte die Radeon Pro VII vielleicht auch im Gaming-Segment zum Einsatz kommen, da AMD das En- und Decodieren von 8K-Videos eingebaut hat.

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AMD hat bereits eine Beta-Version ihrer neuen ProRender-2.0-Software veröffentlicht, die in Kombination mit einer Threadripper-CPU Synergien auf einem bisher unbekannten Niveau nutzen kann und Plattformen, wie Blender, Maya und Unreal Engine unterstützt. Der Hardware-Hersteller beendete seine Präsentation mit dem Hinweis auf die Verwendung eines integrierten Sicherheitsprozessors. Das Unternehmen wird außerdem zwei neue Supercomputer herstellen, den Frontier mit 1.5 Exaflops, der im nächsten Jahr eingeschaltet wird, und den El Capitan mit 2 Exaflops, der frühestens 2023 mit dem Rechnen beginnt.

AMD zielt also auf die Halsschlagader von Nvidia, sowohl hinsichtlich der Leistung als auch beim Preis. Das wirkt sich auch auf die auf Gaming-ausgelegten Grafikkarten aus und es bedeutet hoffentlich, dass wir in der Zukunft bessere, leistungsstärkere und letztlich auch billigere Karten erhalten.

Für uns Gamer könnte das bedeuten, dass die gemunkelten High-End-Grafikkarten von AMD, die direkte Konkurrenten der High-End-RTX-Karten sind, möglicherweise näher liegen, als wir aktuell noch denken. Wir hoffen deshalb, dass die wahnsinnigen Preise für Grafikkarten möglicherweise bald ein wenig gesenkt werden, sodass mehr Benutzer Spaß am Computer haben können. Und wenn das nicht in 4K funktioniert, dann zumindest bei maximaler Qualität in 1440p bei 144Hz. Das muss doch möglich sein, ohne den dunklen Göttern die eigenen Organe und ein Familienmitglied opfern zu müssen...



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