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Lost Planet 3

Lost Planet 3

Es ist wieder an der Zeit, mit Schal und Handschuhen den wahrscheinlich kältesten Ort aller Videospiel zu betreten: E.D.N. III in Lost Planet 3.

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Es war etwa zu der Zeit, als Lost Planet: Extreme Condition veröffentlicht wurde, da stellte Produzent Keiji Inafune überrascht fest, dass sein Titel Konkurrent Gears of War weit unterlegen war. Beides waren Action-Spiele in der Third-Person-Perspektive. Beide wollten den Weg für die Zukunft einer Generation ebnen. Wir können festhalten, dass Gears of War tatsächlich vieles verändert hat, während sich Lost Planet weit abgeschlagen mit einem der hinteren Plätze begnügen musste. Trotzdem war der Erstling unterhaltsam und hatte einige großartige Ideen, die ich gern vertieft gesehen hätte.

Doch als Lost Planet 2 erschien, hatten wir es plötzlich mit einem stark auf Koop fokussierten Spiel zu tun, das ganz anders war als sein Vorgänger. Mit Lost Planet 3 entfernt sich Capcom nun noch weiter vom ursprünglichen Konzept. Außerdem wurde zur Unterstützung Entwickler Spark Unlimited ins Boot geholt, ein westlicher Entwickler. Und wer sich schon immer ein Lost Planet mit der Grundsteuerung eines Gears of War gewünscht hat, der bekommt es nun.

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Lost Planet 3Lost Planet 3
Zwei der größten Probleme sind mit Sicherheit die armseligen Animationen und die gestelzten Kämpfe.
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Ich trat Lost Planet 3 reichlich skeptisch gegenüber, denn ich mochte die absurd vielseitige Spielsteuerung in Lost Planet: Extreme Condition. Dadurch hatte es sich ein wenig wie der verschollene Halbbruder von Bionic Commando angefühlt, und zwar auf denkbar positive Art und Weise. Die Grundlage der Spielidentität abzuschaffen, das war für mich deshalb ein ziemlich mutiger Ansatz. Trotzdem beginne ich, Lost Planet 3 nach den ersten Minuten der Eröffnungssequenz zu mögen. Der alte Jim Peyton ist unter einem Felsen eingeklemmt, den seine jungen, weiblichen Verwandten wohl kaum zu bewegen vermögen. Zur prekären Situation wird das Ganze aber erst, als auch noch Feinde auftauchen.

Sich sicher, dass sein letztes Stündchen geschlagen hat, berichtet Jim uns von seiner eigenen Geschichte und wie alles auf E.D.N. III für ihn begann. Lost Planet 3 wird aus Jims Perspektive erzählt und dient deshalb als Vorgeschichte zu den beiden bereits veröffentlichten Teilen. Obwohl Peyton in vielerlei Hinsicht einem Stereotyp entspricht, ist er trotzdem einer der interessanteren Protagonisten, mit denen wir es seit langem zu tun hatten. Wir werden zu einem Teil von ihm und lernen, seine Motive zu verstehen und erleben dabei, wie er sich in immer dubiosere Geschehnisse verstrickt. Wir teilen sogar emotionale Momente mit seiner Familie.

Leider kann man nicht behaupten, dass der Rest des Spiels ein ähnlich hohes Niveau erreicht. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich im allgemeinen Trauerspiel mitleidig auf Jim herabsehe und gar nicht weiß, womit ich anfangen soll, zu beschreiben, was hier alles falsch läuft. Zwei der größten Probleme sind mit Sicherheit die armseligen Animationen und die gestelzten Kämpfe. Das gesamte Spiel folgt dabei einem Prinzip: Wir betreten einen Bereich und kämpfen uns so lange durch immer neu auftauchende Gegner, bis auch der letzte von ihnen in den Boden gestampft wurde.

Lost Planet 3
Dazu kommt das schwache Leveldesign. Meist bestehen die Areale aus offenen Feldern, in denen wir uns drehen und schießen bis die Gegnerwellen aufhören zu strömen.
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Die Gegner sind vollkommen undynamisch, nie überraschend und gewähren uns die volle Kontrolle über das Steuerkreuz, das wir gelassen auf den gewünschten Feind ziehen, um sie aufs Korn zu nehmen. Auch die Variationen an Gegnern lassen zu wünschen übrig. Dazu kommt das schwache Leveldesign. Meist bestehen die Areale aus offenen Feldern, in denen wir uns drehen und schießen bis die Gegnerwellen aufhören zu strömen. Dann geht es weiter, meist zu einem Ort, der erst geladen werden muss und dann nicht so recht zum vorher gesehen passen mag.

Es fällt schwer, sich wegen der vielen Ladebildschirme in der Spielwelt zu orientieren. Es fühlt sich so an, als würden wir ständig vor und zurück geworfen und man fragt sich, wie Spark Unlimited meint, dass sich die Welt entfalten würde. Als die Geschichte voranschreitet, besuchen wir außerdem dunkle Außenposten - hier ein Fingerzeig auf die Ishimura in Dead Space - die noch mehr langweilige Innenausstattung bieten, ebenso wie häufiges Vor- und Zurücklaufen. Etwas, das bei Gamern nicht gerade gern gesehen ist.

Einer der tollen Aspekte in der Lost Planet-Reise waren schon immer die Mechs, die uns zur Verfügung standen. Früher waren sie vor allem elegant und ließen sich schnell steuern und bewegen - typisch für japanischen Spiele. Unter dem westlichen Einfluss haben die Roboter einiges an Gewicht zugelegt und bewegen sich nun viel langsamer. Obwohl ich das bleierne Gefühl zu schätzen weiß, bleibt der Eindruck, wir würden in einem isolierten Gerät mit schlechtem Sichtfeld sitzen und dazu Country-Musik hören, um uns aufzumuntern. Die Mechs jedenfalls haben einen Großteil ihres Schwungs verloren.

Lost Planet 3
Auch der pflichtbewusst eingeflochtene Mehrspielermodus hilft wenig - und aus dem unerfindlichen Grund dürfen wie hier Mechs bewaffnen...

Und weil wir sie nicht bewaffnen können, fehlt in den Kämpfen die Vielseitigkeit. Die Mechs tragen viele Explosionskörper bei sich und nützen uns im Grunde lediglich auf kurze Distanzen, die wir aber schneller zu Fuß säubern würden. Trotz karger, kalter Umgebungen springen wird deshalb wieder aus dem Monstrum und schießen uns allein den Weg frei. Es ist irgendwie schade, dass sich seit E.D.N. III so wenig entwickelt hat in der Spielwelt. Dabei besticht gerade die durch ihre Einzigartigkeit. Wir befinden uns immerhin auf einem eisigen Planeten, vollgestopft mit fiesen Insekten, die selbst dem Getier im Jurassic Park Schauer über den Rücken jagen würden.

Es macht kaum einen Unterschied, wie viele Botengänge Jim erledigt oder wie viele Türen er hackt, Außenposten er repariert, Geschütztürme er aufbaut oder andere Sci-Fi-Aufgaben er erfüllt - der Mann kämpft immer eher gegen das Spiel an als gegen die eigentlichen Gegner. Jim Peyton ist sympathisch und man kann sich leicht mit ihm identifizieren. Der Großteil der Dialoge ist ebenfalls ziemlich gut, genau wie die Synchronisation. Doch weil das Spiel maximal als mittelmäßig bezeichnet werden kann und jeglicher Fähigkeit entbehrt, in Kämpfen zu improvisieren oder coole Sachen zu erfinden und weil Spark Unlimited keinen Vorteil aus den Möglichkeiten der Eiswelt zieht, reicht das einfach nicht aus, um das Spiel aufzuwerten.

Da hilft auch der pflichtbewusst eingeflochtene Mehrspielermodus wenig, in dem - aus einem mir unerfindlichen Grund - Mechs bewaffnet werden müssen. Die grundlegende Steuerung in Lost Planet 3 ist nicht innovativ und unterscheidet sich nicht von bereits existierenden Shootern. Das Spiel ist nie besonders schlecht, aber auch nie aufregend oder fesselnd. Am Ende ist Lost Planet 3 eben das Paradebeispiel eines mittelmäßigen Titels. Ich drücke die Daumen, dass Capcom für den vierten Ausflug eine bessere Richtung wählt und die Lost Planet-Reihe so weiterführt, wie sie es verdient. An dem eigentlichen Konzept gibt es nämlich nichts zu meckern, ganz im Gegenteil.

05 Gamereactor Deutschland
5 / 10
+
Interessante Spielwelt, krasse Bosskämpfe, toller Protagonist, gute Synchronsprecher (im Original)
-
Tristes Level-Design, schlechte Animationen, kaum fesselnde Gefechte
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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