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Retrocool #4

Ness kennen wir Europäer inzwischen eigentlich schon ziemlich gut. Er ist ein gern gesehener Gast in Smash Bros. und die ganz großen Nintendo-Fans sind selbstverständlich schon lange Freunde der dazugehörigen Rollenspielreihe namens Earthbound. Und das obwohl sie eigentlich nie den Weg nach Europa gefunden hat. Im Sommer jedoch hat sich der Hersteller endlich ein Herz gefasst und den zweiten Teil für Virtual Console auf der Wii U veröffentlicht - fast zwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung für das Super Nintendo in Japan.

Der Grund für Nintendos zögern hängt damit zusammen, dass der Hersteller nie so recht an den Erfolg von Rollenspielen im Westen geglaubt hat. Überhaupt war Nintendo lange der Meinung, dass die kulturellen Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern so eklatant sind, dass sie eigene Entwicklungen anderen vorenthalten können. Kurioserweise vertritt Nintendo heute die recht gegenteilige Position, dass ihre Spiele für alle geeignet sind. Doch selbst bei Pokémon und Animal Crossing - zwei der beliebtesten Serien hat sich Nintendo ziemlich viel Zeit gelassen.

Wer sich mit Earthbound beschäftigt hat, der ahnt vielleicht, warum Nintendo so unsicher war. Es ist kein gewöhnliches Rollenspiel, sondern schlägt eine ganz eigene Richtung ein. Statt epischer Abenteuer mit Mittelalter-Flair gibt es eine moderne Geschichte mit einem Hauch Science Fiction und jeder Menge Humor. Earthbound nimmt sich an keiner Stelle wirklich ernst - nicht einmal bei den Spielmechaniken selbst. Ein Meteorit schlägt in den Bergen bei Onett ein und ein Alien namens Buzz Buzz beschließt, dass wir, der kleine Junge Ness, der Auserwählte sind, der das Universum retten soll.

Earthbound ist kein einfaches Spiel und es gibt viele Stellen außerhalb der Kämpfe, an denen wir auch unseren Kopf einschalten müssen, um voranzukommen. Zudem ist es kein klassisches Rollenspiel, weil es den Fokus nicht so sehr auf das Kämpfen legt. Die Bezeichnung Rollenspiel-Adventure trifft es wohl am besten. Ein bisschen erinnert diese Grundidee - auch im Bezug auf den Humor - an die Rollenspiele, die Nintendo im Mario-Universum angesiedelt hat. Womöglich tat sich Nintendo auch deswegen so schwer damit, die Reihe dem Westen zugänglich zu machen oder sie heute wiederzubeleben: Mario ist einfach ein stärkeres Zugpferd als Ness. Und trotzdem sollte sich Nintendo-Fan dieses Spiel anschauen und anschließend auf Nintendo Druck machen. Frische Ideen und Konzepte, abseits von Mario und Co. sind dringend nötig, um echte Abwechslung zu bieten.

Der SNES-Klassiker Earthbound ist für Virtual Console für die Wii U erschienen und kostet 9,99 Euro. Von mir gibt es trotzdem eine klare Kaufempfehlung für alle, die auf absurde Abenteuer stehen.

Retrocool #4

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